Das Denische Reich und seine einteluen Glieder. (Januar 19./23.) 15
Aeußerung seiner Meinungen dadurch zu beschränken, daß dieselben an eine
Gegenzeichnung des Reichskanzlers gebunden werden, liegt unserer Ver-
fassung vollständig fern. (Sehr richtigl) Die Frage der Gültigkeit kann
dabei überhaupt nicht in Betracht kommen. Ich werde es aber niemals
ablehnen, die Verantwortung zu übernehmen für die Rückwirkung, welche
solche persönliche Kundgebungen haben können auf den großen Gang der
Politik. Denn ich bin dem Bundesrat wie diesem hohen Hause verant-
wortlich für eine Führung der Geschäfte, welche weder den äußeren noch
den inneren Frieden des Reiches gefährdet. Es handelt sich im vorliegenden
Falle um einen persönlichen Meinungsaustausch zwischen zwei Souveränen,
der nicht den Charakter eines Staatsaktes trägt; es handelt sich um eine
Aeußerung vom Fürsten zum Fürsten, vom Freunde zum Freunde, um
eine ausschließlich persönliche Angelegenheit (Na, nal) zwischen den betei-
ligten Bundesfürsten, und darum bin ich nicht in der Lage gewesen, die
Informationen über die Vorgänge selbst zu geben, aus denen der Depeschen-
wechsel hervorgegangen ist. Das können Sie auch daraus entnehmen, daß,
wie das Telegramm des Kaisers nur mit dem Namen des Kaisers unter-
zeichnet war, die Antwort des Prinzregenten nicht den Zusatz „Prinz-
regent“, sondern nur die Unterschrift „Prinz von Bayern“ trug. An
diesem persönlichen Charakter des Depeschenwechsels ist auch durch die Ver-
öffentlichung, auf welche der Abg. Schädler so sehr hingewiesen hat, nichts
geändert worden. Wolffs Telegraphisches Bureau untersteht keiner Regie-
rungsstelle. Die Anweisung zur Veröffentlichung war nicht gegengezeichnet,
und sie war kein Regierungsakt. Wolffs Telegraphisches Bureau bringt
alle Vorgänge, welche die Oeffentlichkeit interessieren. Aber ein offizielles
Organ ist es nicht; das ist der „Reichs-Anzeiger"“. Dieser hat den Depeschen-
wechsel nicht veröffentlicht, weil es sich, wie gesagt, um eine persönliche
Kundgebung handelt. Die Frage, wie die Veröffentlichung zu stande kam,
ist hier nicht zu entscheiden. Worauf es allein ankommt, ist, ob durch
dieses Telegramm die Beziehungen zwischen dem Absender und dem Emp-
fänger des Telegramms, zwischen Preußen und Bayern wirklich so getrübt
worden sind, wie das der Abg. Schädler hier behauptet hat. Darauf er-
widere ich, daß von einer solchen Trübung in keiner Weise die Rede ge-
wesen ist. Se. königliche Hoheit der Prinzregent von Bayern hat das
Telegramm seines kaiserlichen Freundes nicht mißverstanden. (Heiterkeit.)
Wie wenig er es mißverstanden hat, können Sie schon daraus entnehmen,
daß dieser hohe Herr vier Wochen nach dem Empfang des Telegramms
noch Se. königliche Hoheit den Prinzen Ludwig von Bayern, der sich zu
den Manövern nach Posen begab, beauftragte, Sr. Majestät dem Kaiser
noch mündlich den Dank für das Telegramm zu wiederholen. (Hört, hört!)
Ich zweifle nicht an dem bayerischen Patriotismus des Abg. Schädler;
aber ich meine, daß, wo es sich um die Wahrung der Würde und der
Selbständigkeit von Bayern handelt, Se. königliche Hoheit der Prinzregent
doch noch zuständiger ist als der Abg. Schädler. (Lebhaftes Oho! im Zentrum.)
Se. königliche Hoheit der Prinzregent von Bayern wußte sehr wohl, daß
Se. Majestät der Kaiser in seinem Telegramm nur persönliche Empfin-
dungen hat Ausdruck geben wollen. Dieser edle und ausgezeichnete Fürst,
der von jedem Bayern und jedem Deutschen hoch verehrt wird, und der
seit 17 Jahren das ihm unter so schwierigen Verhältnissen übertragene
Amt mit so großer Auszeichnung führt, wußte sehr wohl, daß Se. Majestät
der Kaiser nur Ausdruck geben wolle dem, was er persönlich empfand für
alles, was der Prinzregent und das Haus Wittelsbach für die Kunst getan
hat, der persönlichen Anschauung, daß in Sachen der Kunst das Interesse
der Kunst allein maßgebend sein soll. Der Abg. Schädler hat eben mit