Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

248 Greßbritannien. (April 16.—23.) 
16. April. Der König besucht Malta. 
April. Presse und Regierung über die Bagdadbahn. 
Die Presse protestiert gegen die Beteiligung von britischem Kapital 
am Bau der Bagdadbahn, weil Deutschland in diesem Falle die Führung 
haben und England gegen Rußland ausspielen wolle. Sie fordert, daß 
die Regierung das Unternehmen in keiner Weise unterstütze. Am 23. April 
erklärt Premierminister Balfour im Unterhause: Eine Abschrift des zwi- 
schen der Anatolischen Eisenbahngesellschaft und der türkischen Regierung 
getroffenen Abkommens sei im Besitz der Regierung gewesen. Das Ab- 
kommen lasse den ganzen Plan der Weiterführung der Bahn durch Klein- 
asien bis zum Persischen Meerbusen in den Händen einer Gesellschaft unter 
deutscher Kontrolle. Die Regierung sei niemals um ihre Zustimmung zu 
dem Abkommen angegangen worden und in keinem Falle würde sie dem- 
selben beitreten wollen. Das andere Abkommen, welches erwogen worden 
sei, sei bestimmt gewesen, die Eisenbahn einschließlich der bestehenden Ana- 
tolischen Bahn in ihrer ganzen Ausdehnung unter internationale Kontrolle 
zu stellen. Um bei diesem Abkommen eine Vorzugsbehandlung von Per- 
sonen oder Gütern zu verhindern, sei unter anderem vorgeschlagen worden, 
daß England, Frankreich und Deutschland ein gleicher Anteil an der Kon- 
trolle, dem Bau und der Leitung eingeräumt werden solle. Nach sorg- 
fältiger Ueberlegung sei die Regierung zu dem Schlusse gelangt, daß das 
Abkommen England keine genügende Sicherheit für die Durchführung jener 
Grundsätze gäbe, und die Regierung habe dies daher mitgeteilt. Aber sie 
sei außer stande gewesen, die angeregten Versicherungen über ihre künftig 
etwa einzuschlagende Politik abzugeben. Die hierbei in Frage kommenden 
Punkte seien die Beförderung der indischen Post, die Erhöhung der tür- 
kischen Zollgebühren und die Errichtung einer Endstation in Koweit gewesen. 
23. April. (Unterhaus.) Budget. Flottenfrage. Herab- 
setzung der Steuern. 
Der Voranschlag für 1903/ beziffert die Ausgaben auf 143954000 
Pfund Sterling, die Einnahmen auf der Grundlage der bestehenden Be- 
steuerung auf 154770000 Pfund, so daß sich danach ein Ueberschuß von 
10 816u000 Pfund ergeben würde. Finanzminister Ritchie: Er beantrage, 
die Einkommensteuer von 1 Shilling 3 Pence für das Pfund Sterling auf 
11 Pence herabzusetzen und den Kornzoll aufzuheben. Durch die Herab- 
setzung der Einkommensteuer würden sich die Einnahmen aus dieser Steuer 
um 8⅛ Millionen Pfund vermindern; ferner würde die Aufhebung des 
Kornzolles eine Mindereinnahme von 2 Millionen Pfund ergeben. Die 
Aufwendungen für die Staatsschuld seien auf 27 Millionen Pfund Sterling 
jährlich festzusetzen, wovon 6 Millionen zur Amortisation bestimmt werden 
sollen. Die Kosten des Krieges in Südafrika und in China belaufen sich 
auf 217000000 Pfund Sterling. Die nationale Schuld beträgt jetzt 
770 778000 Pfund Sterling, wird aber 1908, wenn keine Zwischenfälle 
eintreten, auf 694000 000 Pfund herabgemindert sein. Trotz der Ver- 
mehrung des Heeres und der Flotte ist die Ausgabenlast verhältnismäßig 
geringer als vor 40 Jahren. Es ist zu hoffen, daß eine beträchtliche 
Herabsetzung der Ausgaben für das Heer im nächsten Jahre oder in zwei 
Jahren eintreten kann. (Beifall.) Eine starke Flotte aber ist für uns 
eine Lebensfrage. Cobden hat einst geäußert, er würde 100 Millionen 
aufwenden, um die unangreifbare Suprematie unserer Flotte aufrecht zu 
erhalten. Glücklicherweise stehen wir mit allen fremden Mächten in freund- 
schaftlichen Beziehungen. Als Cobden seine Aeußerung machte, dachte er 
 
	        
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