Grfbritannien. (Mai 20.) 251
verschiedenen Vertreter bei ihren Legislaturen finden, wird im wesentlichen
von dem Grade abhängen, in welchem wir das Opfer einschäßen, sie wird
auch von den Erfahrungen abhängen, die Kanada mit den Vorzugszöllen
macht, welches den übrigen Kolonien auf diesem Wege vorausgegangen ist.“
Ueber die deutsch-kanadische Zollfrage sagt er: „Ich vermute, daß
Sie und ich darin einig sind, daß das britische Reich ein untrennbares
Ganzes ist. Wir sind auch darin einig, daß keiner der Staaten, welche
das britische Reich bilden, von einem Vorteil ausgeschlossen werden darf,
der dem vereinigten Königreich zukommt. Eine Gefälligkeit, die Kanada
uns erweist, können wir daher als eine Familienangelegenheit betrachten,
die keinen anderen etwas angeht. Unglücklicherweise denkt nun Deutschland
anders. Sehen wir uns nun das Deutsche Reich an. Dies Deutsche Reich
teilt sich in Staaten — Bayern und sagen wir Hannover, Sachsen und
Württemberg. Diese Staaten mögen miteinander abmachen, was sie wollen
und wie sie wollen. Tatsache ist jedenfalls, daß sie bei uns Freihandel
genießen. Wir betrachten sie nicht als einzelne Bestandteile, sondern wir
verkehren mit dem Deutschen Reiche als einem Ganzen. Wir beklagen uns
auch nicht, wenn ein Staat innerhalb dieses Reiches einem anderen einen
Vorteil zuwendet und nicht allen anderen Nationen auf der Welt die gleiche
Begünstigung gewährt. Aber im „Falle Kanada“ besteht Deutschland
darauf, Kanada als ein Land für sich zu behandeln, es weigert sich, Kanada
als einen Teil des Reiches anzuerkennen, welcher Anspruch auf alle Privi-
legien hat, die diesem Reiche gebühren, kurz: Deutschland sieht unser Ab-
kommen mit Kanada nicht als ein Familienabkommen an. Es hat aus
diesem Grunde Kanada bestraft, indem es auf kanadische Waren Zuschlags-
zölle erhob. Der Grund hiefür ist klar. Die deutschen Zeitungen setzen
offen auseinander, daß dies eine Politik der Repressalien ist, und daß sie
bezweckt, andere Kolonien davon abzuschrecken, uns dieselben Vorzugszölle
zu gewähren.. M. E. bringt uns das in eine demütigende Lage, die
mir ganz und gar nicht gefallen will. Ich weiß, was folgen wird, wenn
wir derartiges dulden. Wie denken Sie, daß wir unter solchen Umständen
wagen könnten, unsere Kolonien um Förderung der Reichsidee, des engeren
kommerziellen Zusammenschlusses anzugehen oder sie aufzufordern, mit uns
gemeinsam eine finanzielle Last zu tragen!? Sollen wir zu den Kolonien
sagen: „Das ist ener Reich, seid stolz darauf und teilt seine Privilegien?“
Man wird dagegen fragen: „Welches sind euere Privilegien? Die Privi-
legien scheinen darin zu bestehen, daß, wenn wir euch als Verwandte und
Freunde betrachten, wenn wir euch entgegenkommen und euch Vorteile
gewähren, daß dann ihr, welche diese Vorteile genießt, uns allein unsere
Kämpfe gegen die ausfechten laßt, welche sich durch unser Tun verletzt
fühlen.“ Ich will auf dieses Thema nicht weiter eingehen. Ich wollte
Ihnen nur die Lage darlegen und da ich von einer großen Reise zurück-
komme, so wünsche ich, daß Sie die Dinge einmal mit den Augen unserer
Landsleute in den Kolonien ansehen."
20. Mai. (Unterhaus.) Bei der Beratung des Londoner
Schulgesetzes gewinnt die Regierung nur mit Hilfe der Iren die
Mehrheit; gegen 30 Konservative stimmen mit der Opposition. —
In Versammlungen und in der Presse wird lebhaft gegen die
Schulvorlage agitiert.
20. Mai. (Unterhaus.) Die Regierung des Kongostaates
wird scharf angegriffen, weil sie durch ihre Monopolwirtschaft den