252 Greßbritaunien. (Mai 23.—28.)
fremden Handel vernichte und die Eingeborenen unmenschlich be-
handle. Premierminister Balfour verspricht, wegen dieser An-
gelegenheiten mit den übrigen Signatarmächten in Verbindung
zu treten.
23. Mai. (Unterhaus.) In einer Debatte über die Not-
wendigkeit einer Altersversorgung der Arbeiter erklärt Kolonial=
minister Chamberlain, daß eine Vorlage hierüber bis nach der
Reformierung des Finanzsystems verschoben werden müsse.
27. Mai. (Unterhaus.) England, Rußland und Perfien.
Abg. Labouchere fragt, ob ein Vertrag zwischen Großbritannien
und Persien bestehe, wodurch letzteres verhindert werde, über seine Terri-
torien am Persischen Golf und anderswo Verfügungen zu treffen. Unter-
staatssekretär Cranborne: Es bestehe kein Vertrag ähnlicher Art, aber in
Südpersien genieße die britische Regierung gewisse Rechte, die ihr von
Persien zugestanden seien. Es bestehe ein Uebereinkommen zwischen Groß-
britannien und Rußland zur Aufrechterhaltung des Gebiets und der Unab-
hängigkeit Persiens.
28. Mai. (Unterhaus.) Debatte über die künftige Handels-
politik. Verhältnis zu Deutschland. Erklärungen Balfours und
Chamberlains.
Abg. Sir Charles Dilke (lib.) fragt im Hinblick auf Chamberlains
Birminghamer Rede den Premierminister, welche Zollpolitik die britische
Regierung in Zukunft zu befolgen gedenke: eine freihändlerische, wie seit
langen Jahrzehnten, oder eine protektionistische, wie sie dem Kolonial=
sekretär offenbar vorschwebe.
Premierminister Balfour erinnert an die auf der vorjährigen Kolonial-
konferenz angenommene Resolution bezüglich der Vorzugszölle und bemerkt
dann, im Hinblick auf diese Resolution sei Chamberlain genötigt gewesen,
diese Frage jetzt aufzuwerfen. Die jetzige Lage sei verschieden von der im
Jahre 1846. Nicht eine zivilisierte Nation außer England habe den Frei-
handel angenommen. Kein Gemeinwesen zeige die mindeste Geneigtheit
zu einer Abänderung seiner Politik. England habe daher einem Zustand
der Dinge entgegenzusehen, bei welchem mehr und mehr eine Mauer ihm
feindlicher Tarife errichtet werde, und bei dem die auswärtigen Nationen
ihre Befugnis zur Handhabung ihres Tarifes zum Nachteile Englands
gebrauchen würden. England werde dadurch immer weniger imstande sein,
in zivilisierten Ländern Märkte für seine Waren zu finden. (Beifall bei
den Ministeriellen.) Man nehme einmal das Verhalten Rußlands. Die
Politik Rußlands sei mit Vorbedacht darauf gerichtet, allmählich eine in
sich abgeschlossene Gemeinschaft zu werden. Wenn es in dem gegenwärtigen
Verhältnisse weiter gehe, so müsse die Zeit kommen, wo die Türkei, Indien
und die eigenen Protektorate die einzigen neutralen Märkte sein würden.
England werde dann eine ungeheure Menge Nahrungsmittel und Rohstoffe
einzuführen haben und durch die Ausfuhr bezahlen müssen, welche unter-
zubringen es die größten Schwierigkeiten finden würde. Diese Folge
werde gegenwärtig noch durch die Tatsache verhüllt, daß Großbritannien
ein gewaltiges Anlagekapital im Auslande besitze und daß es ihm ver-
hältnismäßig leicht sei, seinen Nahrungsbedarf nicht lediglich durch die
Ausfuhr seiner Fabrikate, sondern auch durch Schuldzahlungen fremder