260 Großbritannien. (Juli 20. 21.)
gab, wie eingeschaltet werden muß, Minister Chamberlain im Unterhause
die bekannten aufsehenerregenden zollrevolutionären Erklärungen ab, und
im Einklang damit teilte Lord Lansdowne am 20. Juni der deutschen
Regierung mit, daß, wenn sie auf ihrem Standpunkt verharre oder gar
den gegen Kanada angenommenen Differentialtarif unter Umständen auch
gegen England anwenden wolle, das handelspolitische Verhältnis zwischen
Deutschland und England in ein sehr ernstes Stadium rücken würde. In
einer weiteren Note vom 8. Juli betonte Lord Lansdowne nachdrücklich,
die englische Regierung wünsche die Haltung der deutschen keineswegs als
einen Versuch unberechtigter Einmischung in englische interkoloniale Ver-
hältnisse zu bezeichnen, Deutschland sei zu seinem Vorgehen von seinem
Standpunkt aus vollkommen berechtigt, inkonsequent jedoch sei es, wenn
Deutschland einerseits die englischen Kolonien als zollpolitisch vollkommen
autonom ansehe und andererseits am englischen Mutterlande selbständige
koloniale Maßnahmen zu rächen drohe.
20. Juli. (London.) Schluß einer internationalen Tele-
graphenkonferenz nach sechswöchiger Dauer. Sie hat Vereinfachungen
des Betriebsdienstes und der Abrechnung beraten.
20. Juli. (Oberhaus.) Debatte über die Besetzung Süd-
afrikas und Indiens.
Bei der Beratung der Regierungsvorlage, 25000 Mann in Süd-
afrika zu unterhalten, erklärt der Unterstaatssekretär des Kriegsamtes,
12500 Mann davon würden zur Verfügung Indiens gehalten. Bei dem
Ausbruch eines Krieges sei die gegenwärtige Besatzung Indiens ungenügend.
Die Regierung könne die Sendung von Verstärkungen aus England nach
Indien nicht gewährleisten. Die einzige Möglichkeit, wenn man die ge-
forderte Streitmacht in Südafrika nicht beibehalten wolle, wäre die Ver-
mehrung der ständigen Besatzung Indiens. Die Regierung sei bereit, für
die Entsendung von 12500 Mann von Afrika nach Indien bei Feind-
seligkeiten einzutreten. England könne nicht die Tatsache ignorieren, daß
die Grenzen von Rußland und Abghanistan jetzt aneinanderstoßen, und
auch nicht, daß die Verbindungen zwischen Rußlands Grenze und der
militärischen Basis jetzt fertig oder weit fortgeschritten seien. Die Regie-
rung beabsichtige nicht, den Finanzen Indiens eine neue Last aufzubürden,
so lange nicht die Auffassung der indischen Regierung darüber eingegangen
sei. Der Vorschlag der Regierung überhebe Indien einer Belastung, die
es sonst zu tragen hätte.
20. Juli bis 3. August. Aufenthalt des Königspaares in
Irland, wo es warm empfangen wird.
21. Juli. (Manchester.) Eine Konferenz von Arbeitgebern
und Arbeitern der Baumwollenindustrie von Lancashire faßt fol-
gende Resolution gegen Chamberlains Zollpläne:
„Die Konferenz der Parlamentarischen Vereinigung der Baum-
wollenfabrikanten und der Genossenschaft der Vereinigten Tuchfabrikarbeiter,
die als Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gesamte Baumwollen-Industrie
repräsentieren, ist fest überzeugt, daß die große Baumwollen-Industrie des
Vereinigten Königreichs ihre hervorragende Stellung der Freihandelspolitik
verdankt und nur durch dieselbe aufrecht erhalten werden kann, und ver-
pflichtet sich hierdurch, mit allen Kräften jedem Vorschlage Widerstand zu