Erofbritannien. (Juli 26.) 263
Kolonialsekretär Mr. Chamberlain, in dem es heißt, daß die canadische
Regierung gern bereit sei, Deutschland dieselben Vorteile zu gewähren, die
anderen Nationen gewährt würden; man verlange als Gegendienst dafür
von Deutschland nichts weiter als dieselbe Behandlung. Man habe ja von
Deutschland nicht verlangt, daß die canadischen Waren dieselben Vorteile
genießen sollten wie die, die die deutschen Staaten sich untereinander
gewährten. Dann wird wieder auf die spanischen und französischen Kolonien
hingewiesen, die auch dem Mutterlande Vorzugszölle gewährten, und von
denen Deutschland sich das ruhig gefallen lasse. Schließlich ersucht der High
Commissioner die britische Regierung, die Angelegenheit in diesem Sinne
der deutschen Regierung vorzustellen. Im Mai 1901, als wieder allerhand
Gerüchte über deutsche Pläne im Umlauf waren, machte der High Com-
missioner neue Vorstellungen beim Kolonialamt. Dieses Mal handelte es
sich um Gerüchte, den neuen deutschen Tarif betreffend, und Lord Strath-
gona gibt in seinem Schreiben der Hoffnung Ausdruck, daß die Regierung
die Meistbegünstigungsklausel für Canada schern werde. Auch hier wird
wieder betont, daß Deutschland von Canada wie alle anderen Länder be-
handelt werde, denn Großbritannien könne nicht als Ausland angesehen
werden, sondern es handle sich bei den dem Mutterlande gewährten Vor-
zügen um eine innerpolitische Angelegenheit des britischen Reiches. Der
Brief schließt: Wenn Deutschland auf seiner Stellung beharre, dann bleibe
schließlich nichts anderes übrig, als die ganze Frage der Einfuhr deutscher
Waren nach Canada einer weiteren Untersuchung zu unterziehen, wobei
zu bedenken sei, daß die Einfuhr deutscher Waren nach Canada bedeutender
sei als die canadischer Waren nach Deutschland. Anfang November fanden
dann Pinige Unterredungen zwischen dem Premierminister von Canada, Sir
Wilfried Laurier, und dem deutschen Konsul in Montreal, Herrn Bopp,
statt, denen eine Korrespondenz folgte. In dieser Korrespondenz setzte
Herr Bopp seine persönliche Auffassung der Sache auseinander. Sehr
bestimmt stellt er dem Premier die Ungerechtigkeit der canadischen Forde-
rungen vor, die darauf hinausliefen, daß Deutschland canadischen Waren
Vorzüge gewähren solle, ohne daß irgend ein Aequivalent dafür geboten
werde. Zum Schluß rät der Konsul, die Vorschläge, ehe sie definitiv
gemacht würden, noch einmal zu prüfen, denn so wie sie bei der letzten
Unterredung gelautet hätten, wage er sich nicht, sie seiner Regierung zu
unterbreiten. Daraufhin lehnte es Sir Wilfried Laurier ab, sich weiter
auf die Sache einzulassen, und zwar mit der Begründung, daß Deutschland
jetzt doch noch nicht in der Lage sei, über einen neuen Handelsvertrag zu
verhandeln; es bleibe also der canadischen Regierung weiter nichts übrig,
als bis zu diesem Zeitpunkt, auf dem bereits betretenen Wege fortzufahren.
Zum Schluß gibt der Premier die Versicherung, daß, wenn Deutschland
einmal so weit sei, über einen neuen Handelsvertrag zu verhandeln, die
deutsche Regierung sicher darauf rechnen könne, daß die canadische Regierung
ihr in der freundlichsten Weise entgegenkommen werde. Aber schon am
folgenden Tage sandte Sir Laurier dem deutschen Konsul die Abschrift
eines Memorandums des canadischen Finanzministers über die Handels-
beziehungen zwischen Canada und Deutschland. Dieses Schriftstück besagt,
daß Canada seit dem Jahre 1898, nachdem der zwischen Deutschland und
Großbritannien bis dahin bestehende Handelsvertrag aufgehört hatte, nicht
mehr die Vorzüge genoß, die Deutschland Großbritannien gewährte. Die
deutsche Regierung gebe als Grund dafür den Umstand an, daß Canada
dem Mutterlande gewisse Vorteile gewährt habe; dem müsse aber entgegen-
gehalten werden, daß die canadische Regierung nicht die Absicht gehabt
habe, Deutschland irgend welche Vorteile vorzuenthalten, die es anderen