264 Erofbritannien. (Juli 28.— August 10.)
Nationen gewähre. Die besonderen Abmachungen mit Großbritannien
seien eine durchaus interne Reichsangelegenheit, gegen die keine auswärtige
Regierung irgend einen berechtigten Einwand machen könne. Die Haltung
Canadas in dieser Frage müsse von der deutschen Regierung mißverstanden
sein, und der Finanzminister gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die deutsche
Regierung bei weiterer Erwägung dieser Frage das auch einsehen werde.
Abgesehen hiervon aber, sagt der Finanzminister weiter, daß die Handels-
beziehungen zwischen den beiden Ländern, solange der Vertrag bestand,
Deutschland einen besonderen Vorteil brachten, und daß dieses Verhältnis,
seitdem der Vertrag gekündigt sei, dasselbe blieb, kaufe Canada auch heute
noch bedeutend mehr von Deutschland, als Deutschland von Canada. Canada
kaufe tatsächlich fünfmal soviel von Deutschland als Deutschland von Canada,
es könne daher wohl erwarten, mit als meistbegünstigte Nation behandelt
zu werden. Dann wird wieder die öffentliche Meinung Canadas angeführt,
die durchaus verlange, daß die Regierung die schärfsten Maßregeln ergreifen
möge, und der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß die Regierung dem
Drängen des Volkes nicht mehr lange werde Stand halten können. Da vor
dem Jahre 1903 an einen Handelsvertrag nicht zu denken sei, so müsse
man, wenn irgend möglich, ein vorläufiges Abkommen mit Deutschland
treffen. Unterhandlungen zwischen der canadischen Regierung und Herrn
Bopp würden vermutlich zu einem zufriedenstellenden Abkommen führen.
Auf diesen Brief antwortete der deutsche Konsul, daß auch dieses Memo-
randum seinel Befürchtungen nicht beseitigen könne. Darauf erwiderte
der Premierminister, und setzte nochmals das in dem Memorandum Gesagte
auseinander, und fügt hinzu, daß, wenn Deutschland Canada nicht ent-
gegenkommen wolle, zu befürchten stehe, daß das Unterhaus in der nächsten
Session schärfere Maßregeln verlange werde.“
Ende Juli. Zahlreiche französische Parlamentarier besuchen
London und werden von den Behörden festlich empfangen. — Es
wird im Anschluß daran die Möglichkeit eines französisch-englischen
Schiedsgerichtsvertrages erörtert.
28. Juli. (London.) Eine Massenversammlung Londoner
Bürger protestiert gegen die Zollpläne Chamberlains.
29. Juli. Das Oberhaus genehmigt mit 69 gegen 26 Stim-
men die zweite Lesung der Vorlage, betreffend das Unterrichtswesen
in der Grafschaft London.
6. August. Das Unterhaus genehmigt in dritter Lesung
mit 119 gegen 57 Stimmen die Brüsseler Zuckerkonvention.
10. August. (Unterhaus.) Premierminister Balfour erwidert
auf eine Anfrage über die Lage in Makedonien:
Er bedauere, keine beruhigende Mitteilung machen zu können. Die
Frage sei außerordentlich verwickelt. Es gebe ernste Beschwerden, die aus
einer tiefsitzenden Krankheit herzuleiten seien. Er bedauere den Mißerfolg
der Versuche, diese zu behandeln. Er habe gehofft und hoffe noch, daß
ein bescheideneres Projekt, das England zu unterstützen wünschte, erfolg-
reicher in seinen Ergebnissen sein werde. Rußland und Oesterreich seien
die hauptsächlich berührten Mächte, und es sei Pflicht der übrigen Mächte
Europas, sie zu unterstützen, so lange ihre Bemühungen in keinem ehr-
geizigen Geiste geführt werden. Die dort vorherrschenden Mißstände hätten