280 Kran#reich. (März Mitte. 18.)
Entscheidung des Haager Schiedsgerichtshofes zu bewegen. Wenn sozia-
listische Deputierte eine Abrüstung angeregt hätten, so sei es nicht Frank-
reichs Sache, hierin die Initiative zu ergreifen; jedenfalls werde er —
Redner — es nicht tun. Er werde es mit Freuden begrüßen, wenn der
Einfluß des Haager Schiedsgerichtshofes sich weiter ausdehne. Es gebe
aber Interessen, welche ein großes Volk nur sichern könne, wenn es sich
auf ein starkes Heer stütze. (Beifall.) Man könne zwar aus Gründen der
Menschlichkeit Anhänger einer gleichzeitigen Abrüstung der Staaten sein,
man dürfe aber nicht vergessen, daß Frankreich für die Franzosen da sei
und daß deren teuersten und wertvollsten Teil die Armee bilde. Er halte
eine gleichzeitige Abrüstung nicht für möglich, so lange die Völker nur zu
ihrer eigenen Macht Vertrauen hätten. Bezüglich Makedoniens arbeite
Frankreich nicht seit gestern erst darauf hin, die Türkei zu Reformen zu
bewegen. Frankreich müsse seine seit langen Jahren befolgte Politik auch
weiter fortsetzen, um das europäische Gleichgewicht zu sichern. Die Weis-
heit dieser Politik habe zu der Allianz mit Rußland geführt. Das Ver-
hältnis Frankreichs zu Italien habe sich immer befriedigender gestaltet und
zur großen Genugtuung für beide Völker zu einer Annäherung und Ver-
ständigung geführt. Frankreich müsse bei seiner Politik, deren Grundlagen
die ursprünglichen Interessen der Völker seien, beharren.
Mitte März. (Vierzon.) Millerand und die militärische
Disziplin.
Der frühere (sozialistische) Handelsminister Abg. Millerand wird
in einer Wahlversammlung gefragt, ob er es billige, daß Kriegsminister
André den Soldaten den Besuch der Arbeitsbörsen, wo das „Handbuch des
Soldaten“ verteilt wird, verboten und diese Broschüre strafrechtlich verfolgt
habe. Millerand erwidert, diese Broschüre fordere die Soldaten zur Ver-
weigerung des militärischen Gehorsams auf, sie könne nicht von Sozialisten
sondern nur von Anarchisten herrühren. Wenn er Kriegsminister wäre,
würde er genau so gehandelt haben, wie General André.
Mitte März. (Kammer.) Der Berichterstatter für Algier
Abg. Berthet sagt in einem Bericht über die Bevölkerungsverhält-
nisse von Algier:
In Oran sind von 15675 Schülern der öffentlichen Schulen nur 3417
rein französischen Ursprungs. In Mers el Kebir sind von 378 Wählern
323 naturalisierte Franzosen, so daß 11 von 12 Gemeinderäten desselben
Ursprungs sind. Wie hier sind auch anderwärts ganze Stadträte in die
Hände der Fremden gefallen. Als Heilmittel gegen diese Verschiebung hat
man 1889 die „automatische Naturalisierung“ vorgeschlagen. Und das
wird schließlich alle städtischen Verwaltungen aus den Händen der echten
Franzosen winden. Offenbar ist ein Algerien im Begriff der Bildung,
das nur noch dem Namen nach französisch ist.
18. März. (Kammer.) Beschluß über die Prüfung der
Kongregationsgesuche um nachträgliche Autorisation.
Die Kommission beantragt, die Gesuche von 54 im Konkordat nicht
anerkannten Kongregationen um nachträgliche Genehmigung nicht einzeln
sondern en bloc zu erledigen. Die Regierung, die anfangs für Einzel-
beratung war, entschließt sich auf Drängen des radikalen Flügels der
Mehrheit für en bloc-Beratung. Ministerpräsident Combes begründet die
summarische Erledigung: Der Staat habe das Recht, den Kongregationen
den Unterricht zu verbieten, da derselbe darauf ausgehe, die Kinder den