Frankreich. (März 21.) 281
republikanischen Grundsätzen zu entfremden. Das Land habe sich bei den
letzten Wahlen entschieden für die den Kongregationen feindlich gesinnten
Kandidaten ausgesprochen. Er (der Ministerpräsident) wolle nur eine Art
von Unterricht, den durch Laienlehrer. Die Kammer werde der Regierung
kein Mißtrauensvotum erteilen, sondern durch Annahme des Kommissions-
antrags den Interessen der Republik entsprechen. Die Kongregationen seien
Feinde der Republik und Zerstörer des modernen Geistes; es sei die Pflicht
des Staates, sich ihrer so bald als möglich zu entledigen. Abg. Ribot
(Führer der antiministeriellen Progressisten): Die Politik Combes“ sei eine
Verleugnung des Werkes Waldeck-Rousseaus. Der Ministerpräsident folge
dem neuen Geiste, der leider nicht der Geist der Gerechtigkeit sei, denn er
wolle den alleinigen Unterricht durch Laien. Aber der Konseilpräsident
habe nicht das Recht, den Katholiken seine persönlichen Auffassungen auf-
zuzwingen. In Wirklichkeit habe übrigens nicht der Ministerpräsident,
sondern die sozialistische Partei die Kabinettsfrage gestellt.
Der Kommissionsantrag wird mit 300 gegen 257 Stimmen an-
genommen. — Das Ergebnis wird als Vorbote der Verweigerung der
Autorisation aufgefaßt.
21. März. (Senat.) Debatte über den Kultusetat. Combes
über das Konkordat und den Konflikt mit der Kirche.
Senator Delpech fordert die Aufhebuug des Kultusetats und
Kündigung des Konkordats. Ministerpräsident Combes: Solange die
Kirche das Konkordat nicht unmöglich mache, könne man es nicht kündigen.
„Ich sage nicht, daß die Kündigung des Konkordates nahe ist; aber bei
dem jetzigen Gang der Dinge brauchen diejenigen, welche dieselbe wünschen,
vielleicht nicht lange zu warten. Die Geistlichkeit macht sich nichts aus
dem Konkordat, das fortwährend von der Kirche, aber nie vom Staat
verletzt wird. Der Vertrag wird verletzt, wenn die geistliche Gewalt sich
anmaßt, die zu geistlichen Aemtern zu Ernennenden auszuwählen: er wird
verletzt, wenn die Bischöfe das Haupt der Vollziehgewalt angehen, die
Handlungen der Regierung umzustoßen. Das Konkordat wird verletzt,
wenn die Bischöfe der Geistlichkeit gewisse Kanzeln entziehen, um sie nicht
anerkannten Mönchen einzuräumen, wenn die Geistlichen in den Wahlkampf
eingreifen: Diese Verletzungen werden fast nie geandet, da sie überzahlreich,
die Strafen aber ungenügend sind. Der Kirche ist das Konkordat kein
beide Parteien bindender Vertrag, sondern nur ein Zugeständnis der
geistlichen Gewalt. Die französische Geistlichkeit muß offen sagen, ob dies
ihre Ansicht, ob sie für Aufrechterhaltung oder Abschaffung des Konkordats
ist. Wir haben gesagt, daß wir für die Aufrechterhaltung sind, weil dies
besser der heutigen Meinung und den Sitten der französischen Gesellschaft
entspricht. Wohlverstanden, wir sind für volle Aufrechterhaltung des beider-
seits ehrlich gehaltenen Vertrages, denn die republikanische Partei will den
Zustand nicht mehr, bei dem der Staat fortwährend getäuscht wird. Will
die Geistlichkeit die Scheidung nicht, dann muß sie aufhören, dieselbe
jeden Tag anzutrotzen, sich bescheiden, die Bestimmungen des Vertrages
streng einzuhalten. Man täusche sich nicht über unser Ziel. Wir wollen
die Geistlichkeit nicht zu unserer Politik bekehren, wir wollen dieselbe so
wenig unterjochen, daß wir im Gegenteil sie von jeder Politik loslösen
wollen. Die Geistlichkeit soll weder republikanisch noch antirepublikanisch
sein, sondern nicht in die Politik eingreifen. Sie möge sich in ihrem Bereich
halten, und es wird Friede sein. Die Regierung will ebensowenig ihren
Beistand als ihre Feindseligkeit ertragen.“ Combes erzählt nun nach
eigenen Heften den Zwist mit dem h. Stuhl. „Mein Vorgehen hat den