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2. April. Die Kammer genehmigt ein Gesetz, wonach die
Gemeinden zum Bau der Schulhäuser verpflichtet werden. — Die
Verweltlichung des Unterrichts soll hierdurch beschleunigt werden.
Anfang April. Rundschreiben an die Präfekten über die
Auflösung von Kongregationen.
Der Ministerpräsident weist die Präfekten an, darüber zu wachen,
daß die 28 predigenden Kongregationen, deren Autorisationsgesuche von
der Regierung und der Kammer zurückgewiesen wurden, binnen verrzehn
Tagen aufgelöst sind. Den 25 lehrenden Gemeinschaften, die sich vergebens
um die staatliche Anerkennung bemüht hatten, wird im Interesse ihrer
Schüler eine etwas längere Frist zugestanden. Diejenigen, die Mittelschulen
oder solche Primärschulen leiten, für deren Besucher nicht sofort in einer
benachbarten öffentlichen Volksschule Platz zu schaffen ist, dürfen bis zum
31. Juli ihre Tätigkeit fortsetzen; diejenigen unter geistlicher Leitung
stehenden Primärschulen, für die alsbald Ersatz gefunden werden kann,
müssen schon zu Ende des laufenden Monats geschlossen sein. — Die
Zahl der predigenden Mönche, die sich nun irgendwo Unterkunft und
Lebensunterhalt suchen müssen, wird auf 3040, die der lehrenden auf
15,964 geschätzt; die Zahl ihrer Schulanstalten beträgt ca. 1600.
Anfang April. (Bretagne.) Die Regierung verhängt über
zahlreiche Pfarrer, die bretonisch predigen und unterrichten, die
Gehaltssperre. Der Bischof von Ouimper ermahnt die Geistlichen,
in ihrer bisherigen Haltung zu verharren.
4. April. Die Kammer genehmigt mit 514 gegen 1 Stimme
eine Vorlage, nach welcher Militärpersonen, die vor ihrem Dienst-
antritt bestimmte Befähigungen erworben haben und sich darüber
durch Zeugnisse von Schützen= oder Turnvereinen ausweisen können,
einen Vorzugsanspruch auf die Beförderung zu Unteroffizieren er-
halten sollen.
6. April. Die Kammer genehmigt die Aufnahme einer An-
leihe von 65 Millionen Franken für öffentliche Arbeiten in den
Kolonien Westafrikas. (Genehmigung im Senat 3. Juli.)
6.7. April. (Kammer.) Neue Enthüllungen in der Dreyfus-
frage. Neue Untersuchung.
Abg. Jaures (Soz.) bespricht anläßlich einer Wahlprüfung den
Vorwurf, den die Nationalisten gegen das Ministerium richteten, daß es
im Dienste des Auslandes stehe, und weist darauf hin, daß die Nationa-
listen im Dreyfusprozeß mit Hilfe einer Fälschung sich auf die angebliche
Unterschrift eines fremden Herrschers berufen hätten, um ihren Willen
durchzusetzen. Hierauf verliest er einen bisher unbekannt gebliebenen Brief,
den General Pellieux, der an dem Dreyfusproß in amtlicher Eigenschaft
beteiligt gewesen war, nach der ersten Fälschung Henrys am 31. August
1898 an den damaligen Kriegsminister (Cavaignac) gerichtet hatte. Der
General schreibt darin: „Da ich von Leuten ohne Ehre getäuscht worden
bin und selbst auf das Vertrauen meiner Untergebenen nicht mehr rechnen
kann, andererseits auch kein Vertrauen mehr zu meinen Vorsetzten zu haben