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gegen 117 Stimmen ihr Vertrauen aus. Gegen die Regierung
stimmen die Sozialisten und ein Teil der Radikalen.
9. Dezember. (Kammer.) Finanzminister Luzzati legt das
Finanzexposé vor.
Er legt zunächst dar, daß das Rechnungsjahr 1902/03, nach Abzug
aller Ausgaben für die Eisenbahnen, Schuldentilgung und die China-Expe-
dition, mit einem Ueberschuß von 69 7130000 Lire abgeschlossen hat. Der
Ueberschuß für 1903/04 wird nach Deckung der sämtlichen Ausgaben voraus-
sichtlich 6 Millionen Lire betragen, da infolge der guten Inlandsernte
ein Mindereingang an Getreidezöllen von 34 Millionen Lire angenommen
wird; doch dürfte sich der Ueberschuß nach der Ueberzeugung des Ministers
infolge des sehr niedrigen Ansatzes der Eingänge noch erhöhen. Für das
neue Rechnungsjahr 1904/05 wird der Aktivrest mit 7220000 Lire veran-
schlagt, doch wird angenommen, daß diese Schätzung durch die als sicher
anzusehende Einnahmensteigerung weit übertroffen werden wird. Bei diesem
Ergebnisse sind alle an den Staat herantretenden geldlichen Erfordernisse
berücksichtigt. Neue Ausgaben werden in der laufenden Tagung nicht vor-
geschlagen. Alle nicht unbedingt erforderlichen Ausgaben sollen vermieden
werden, um das Budget für die große Rentenkonversion zueckent-
sprechend zu gestalten — Die Lage des Schatzes habe sich seit dem Vor-
jahre erheblich gebessert. Der Betrag der Schatzanweisungen ist von 300
auf 192 Millionen zurückgegangen. Am 1. Januar 1904 werden die Zinsen
der Staatsschuld, zum erstenmal seit dem Bestehen des Königreichs, ohne
Vorschüsse der Notenbanken gezahlt werden können. Bezeichnend für die
Finanzgebarung Italiens in den letzten Jahren war, so führt der Minister
aus, die Vermeidung jeglicher Anleihe; dies bilde die Erklärung, für die
jetzige gute Lage und darin liege auch das Geheimnis für die Zukunft. —
Ueber die Handelsverträge sagt er: Die von der Regierung eingesetzte Zoll-
kommission ist zu einem von rein technischen Gesichtspunkten ausgehenden
Entwurf einer beschränkten Revision des Generaltarifs gelangt, der auch ver-
öffentlicht wurde, da die Regierung nichts geheim halten will. Sie beabsich-
tigt aber angesichts der guten wechselseitigen Wirkung der geltenden Verträge
mit den mitteleuropäischeu Staaten, keine das Wesen des gegenwärtigen
Zollregimes Italiens berührende Aenderung vorzunehmen. Sie glaubt,
daß die Vollmachten, die sie bereits besitzt, zur Wahrnehmung der italie-
nischen Interessen ausreichen. Ihr Ziel ist der wirtschaftliche Friede mit
den verbündeten und befreundeten Nationen. Italien beweist seine aufrichtigen
Absichten und seine auf internationale Billigkeit gerichtete Gesinnung, indem
es gegenwärtig weder Kampftarife noch Vergeltungstarife vorbereitet. Wie
bei dem Handelsabkommen mit Frankreich, ist Italien auch jetzt bereit,
gerechte Zugeständnisse gegenüber dem geltenden Tarif zu gewähren, wobeie
namentlich die Förderung der heimischen Ausfuhr im Auge behalten wird.
Im Sinne dieser Bestrebungen wird die Regierung um die gesetzliche Voll-
macht zur Ermäßigung des Petroleumzolles auf etwa die Hälfte und zu
einer noch stärkeren Erniedrigung des Zolles auf Mineralrückstände nach-
suchen. — Der Minister bespricht sodann eingehend Mittel und Ziele einer
kraftvollen Ausfuhrpolitik und beleuchtet weiterhin die Geldumlauf-Verhält-
nisse. „Er sagt: Eine baldige Aenderung der Gesetzgebung über die Emis-
sionsbanken ist angesichts der guten Ergebnisse derselben nicht beabsichtigt.
Die in Immobilien festgelegten Kapitalien dieser Banken sind von 636
auf 276 Millionen zurückgegangen. Die Banknoten sind voll gedeckt, und
zwar zu 60 Prozent durch Metallbestände, der Rest durch Werte erster