Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

308 Ilalien. (Dezember 16.—31.) 
werde daher dem Dreibunde treu bleiben, welcher ein gewichtiges Unter- 
pfand des Friedens sei und kein Hindernis bilde für die traditionelle 
Freundschaft mit England und die glücklicherweise erneute Freundschaft 
mit Frankreich. 
16. Dezember. (Kammer.) Minister des Auswärtigen Tit- 
toni erwidert auf mehrere Anfragen über die Handelsverträge: 
Er könne keine weitgehenden Erklärungen abgeben, da die Ver- 
handlungen noch im Gange seien. Er erkenne an, daß es nicht nützlich 
sein würde, jetzt schon einen Generaltarif aufzustellen. Die Regierung 
werde aber morgen eine Vorlage einbringen, die sie für verschiedene etwaige 
Fälle ermächtige, zum Schutz der italienischen Interessen entsprechende Moß 
regeln zu treffen. Weiter sagt der Minister, er freue sich, erklären zu 
können, daß die Verhandlungen mit Deutschland einen günstigen Fortgang 
nehmen und einen befriedigenden Abschluß erwarten lassen. Die Verhand- 
lungen mit der Schweiz würden eifrig in Angriff genommen; er könne 
aber nicht verhehlen, daß die Schwierigkeiten weder wenig zahlreich noch 
geringfügig seien. Bezüglich der Verhandlungen mit Oesterreich liege die 
Schwierigkeit in den Dingen selbst; auf beiden Seiten aber sei der gute 
Wille groß. Man müsse das Vertrauen haben, daß man im gemeinsamen 
Interesse zu einer Verständigung gelange. 
21. Dezember. (Senat.) Tittoni über das Konklave und 
die Kolonialpolitik. 
Sen. Palerno fragt, was es mit dem österreichischen Veto bei der 
Papstwahl für eine Bewandtnis habe. Min. des Ausw. Tittoni: Der 
Regierung sei nichts von dieser Sache bekannt und sie habe sich daher an 
keinen Verhandlungen beteiligt. Während des Konklaves habe die Regierung 
nur nach einer Seite eine Tätigkeit entfaltet, und diese sei darauf aus- 
gegangen, daß das Konklave sich in größter Freiheit abspielte und die 
öff entliche Ordnung streng aufrecht erhalten würde. Der Senator Lam- 
pertico wünscht ein energischeres Vorgehen im Somalilande und an der 
Benadirküste. Tittoni: Italien könne sich nicht durch weitgehende Expe- 
ditionen in große Ausgaben verwickeln. Es tat, was die Zivilisation von 
ihm verlangen konnte, indem es sich mit England zur Verteidigung dieser 
Gebiete verband, aber auf militärische Expeditionen könne es sich nicht 
einlassen zu einer Zeit, wo alle seine Bemühungen auf die Konversion der 
Rente gerichtet seien. 
26. Dezember. (Maderno.) Giuseppe Zanardelli f. Ge- 
boren 1826 in Brescia, beteiligte sich 1848 an der Erhebung, 1860 
Kammermitglied, 1873 zum ersten Male Minister, 1901 Minister- 
präsident. Er wird unter großer Beteiligung in Brescia beigesetzt. 
31. Dezember. (Rom.) Ein provisorischer Handelsvertrag 
mit Osterreich-Ungarn wird unterzeichnet. Der bestehende Vertrag 
wird bis zum Abschluß des definitiven Vertrages, jedoch höchstens 
bis 1. Oktober 1904 verlängert. Nur die Weingollklausel erlischt 
am 1. Januar 1904.
	        
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