Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Schweden und Norwegen. (März 24.—Mai 16.) 325 
24. März. (Stockholm.) Der Minister des Auswärtigen 
veröffentlicht folgende Mitteilung über das Konsulatswesen: 
Die schwedischen und norwegischen Unterhändler vereinbarten fol- 
gende Grundlage zur Regelung des Konsulatswesens. Beide Länder er- 
halten ein besonderes Konsulatswesen. Die Konsuln unterstehen den Be- 
hörden ihrer Heimat, welche jedes Land bestimmt. Schweden und Norwegen 
regeln durch gleichlautende Gesetze das Verhältnis zwischen dem Minister 
des Aeußern und dem diplomatischen Korps einerseits und den Konsuln 
der einzelnen Reiche andererseits mit Bürgschaften dafür, daß die Konsuln 
die Grenzen ihrer Rechte einhalten und das notwendige Zusammenarbeiten 
mit dem Minister des Aeußern gesichert bleibt. Ueber den schwedischen 
Vorschlag, den König durch gleichlautende Gesetze zu ermächtigen, einen 
Schweden oder Norweger zum Minister des Aeußern zu ernennen, welcher 
m beiden Parlamenten verantwortlich ist, wurde vorläufig eine Einigung 
nicht erzielt. 
März. (Norwegen.) Die Zollkommission des Storthings 
schlägt bedeutende Erhöhung der industriellen Zölle vor. 
16. Mai. (Schweden.) Beide Kammern des Reichstags 
genehmigen die Vorlage, wodurch die Regierung ermächtigt wird, 
von dem Recht abzusehen, Wismar mit Umgebung durch Erlegung 
der Pfandsumme wieder einzulösen. 
Der Präsident der Zweiten Kammer hält nach der Annahme fol- 
gende Rede: Durch den soeben gefaßten Beschluß, dem wahrscheinlich auch 
die Erste Kammer zustimmt, ist das bisher uns mit Wismar verbindende 
Band endgültig gelöst. Da kann es nicht wundernehmen, wenn wir bei 
dem Gedanken an die Trennung von der Stadt, die so treu und tapfer 
Schweden zur Seite gestanden hat, von wehmütigem Gefühle ergriffen 
werden. Wir senden Grüße an die alte Stadt, die jetzt vollständig dem 
deutschen Vaterlande einverleibt wird, und wünschen ihr Wohlstand und 
Gedeihen. 
Der Präsident der Ersten Kammer: Mit dem nun gefaßten Be- 
schlusse hat die Erste Kammer ihre Zustimmung zu dem Antrag der Regie- 
rung, betreffend Wismars definitive Abtretung an das Großherzogtum 
Mecklenburg-Schwerin, gegeben. Da die Zweite Kammer bereits einen 
ähnlichen Beschluß gefaßt hat, hat der schwedische Reichstag die Abtretung 
gutgeheißen, damit ist das letzte Band, das die alte Hansestadt, das Dün- 
kirchen des Nordens, mit Schwedens Krone verknüpft, für immer gelöst, 
aber zwischen uns Schweden und Wismars Bürgerschaft bilden sich andere 
Bande, die niemals gelöst werden können, die Bande der Erinnerung und 
der Dankbarkeit. Unauslöschlich steht der Name der Stadt Wismar ge- 
schrieben auf einem der schönsten Blätter unserer Geschichte, den Blättern, 
die unserer Väter herrliche Kämpfe für unseren evangelisch-lutherischen 
Glauben schildern. Als Siegesfrüchte fielen uns die deutschen Besitzungen 
zu, deren Besitz wichtig, deren Verteidigung schwer war. Einer nach dem 
anderen ging verloren, aber nur nach ehrenvollen Kämpfen. Von diesen 
Kämpfen kann viel erzählt werden von Wismars Bürgern, wie sie mit 
uns teilten der Kriegsjahre Last, wie sie treu unter unseren Fahnen 
kämpften hinter ihren zusammengeschossenen Mauern gegen Schwedens 
Feinde. Das wird stets in dankbarer Erinnerung von uns bewahrt werden. 
Wenn Wismar jetzt staatsrechtlich voll in sein deutsches Vaterland eintritt, 
 
	        
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