Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

342 Rußland. (August 15.—29.) 
das Kommando der Kriegsflotte des Stillen Ozeans, sowie aller Truppen 
des Gebietes übertragen. Ein besonderes Komitee unter dem Vorsitz des 
Kaisers wird die Anordnungen des Statthalters mit den allgemein staat- 
lichen Absichten und der Tätigkeit der Ministerien in Einklang bringen. 
Generaladjutant Alexejew, welcher zum Statthalter im fernen Osten ernannt 
ist, erhält den Auftrag, die Vorlage über die Verwaltung des ihm anver- 
trauten Gebietes dem Kaiser zur Bestätigung zu unterbreiten. 
15. August. Vorstellungen in Konstantinopel und Sofia. 
Der „Regierungsbote“ veröffentlicht zwei Telegramme des Grafen 
Lamsdorff, das eine, datiert vom 11. d. M., ist an den Botschafter in 
Konstantinopel, Sinowjew, gerichtet, das andere, vom 12. d. M., an den 
diplomatischen Agenten in Bulgarien. In dem ersten sagt der Minister, 
der Kaiser fordere unter Ablehnung leerer Versprechungen die strengste 
Bestrafung des Mörders des Konsuls Rostkowski und des Individuums, 
das auf die Equipage des Konsuls schoß und die sofortige Vorlegung posi- 
tiver Angaben über die faktische Verbannung des Valis von Monastir und 
die sofortige strenge Bestrafung aller für den Mord sonst verantwortlichen 
Zivil- und Militärpersonen. Außerdem wird der Botschafter beauftragt, 
folgende Forderungen zu stellen: „Alle türkischen Beamten, auf deren 
empörende Handlungsweise der Konsulatsverweser in Uesküb und der 
österreichische Konsul hingewiesen haben, unverzüglich strengstens zu be- 
strafen, den verabschiedeten Ismail Hakki, über den dem Generalinspektor 
Hussein Hilmi-Pascha günstige Gutachten zugegangen sind, wieder in sein 
Amt einzusetzen, die Bauern, welche den Konsuln über die türkischen Grau- 
samkeiten berichteten, sofort in Freiheit zu setzen, die Verwaltungsbeamten, 
denen Mißbräuche nachgewiesen sind, sofort abzusetzen und zu bestrafen, 
und endlich ausländische Offiziere in der Gendarmerie und Polizei unver- 
züglich zu ernennen, zur Beruhigung der friedlichen Bevölkerung und zur 
Herbeiführung einer gesetzlichen Ordnung.“ In dem Telegramm an den 
diplomatischen Agenten in Bulgarien wird diesem zur Pflicht gemacht, 
Sorge zu tragen, daß die energische Einwirkung Rußlands auf Konstanti- 
nopel weder von der bulgarischen Regierung noch von den Komitees als 
eine Aenderung des politischen Programms Rußlands gedeutet wird. Sei- 
tens des Fürstentums wäre es eine gefährliche Verirrung, diese Maß- 
nahmen als eine Förderung der Agitation der Komitees aufzufassen. Die 
friedliche christliche Bevölkerung leide unter den Revolutionären wie unter 
den Räubereien der Türken. Daher sei die entschiedenste Gegenwirkung 
seitens der bulgarischen Regierung zum Zwecke der Unterdrückung der 
Wirren notwendig. 
17. August. (Sewastopol.) Absendung eines rusfischen Ge- 
schwaders in die türkischen Gewässer wegen der Ermordung des 
russischen Konsuls in Monastir. (Vgl. Türkei.) Da der Sultan 
die verlangte Genugtuung gibt, kehrt das Geschwader am 24. August 
von Inadia zurück. 
17.—20. August. (Finnland.) Ein in Forssa (zum ersten 
Male in Rußland) öffentlich tagender sozialdemokratischer Kongreß 
beschließt eine planmäßige Agitation gegen die Grundlagen der 
ständischen Verfassung Finnlands. 
29. August. Finanzminister v. Witte wird zum Präsidenten
	        
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