Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Tũrkei. (November.) 351 
notwendig erscheint, die Zuteilung einer gewissen Anzahl von Offizieren 
und Unteroffizieren fremder Nationalität verlangen. III. Sobald eine Be- 
ruhigung des Landes festgestellt wird, ist von der ottomanischen Regierung 
eine Aenderung in der territorialen Begrenzung der Verwaltungsbezirke 
im Sinne einer regelmäßigeren Begrüßung der verschiedenen Nationalitäten 
zu verlangen. IV. Gleichzeitig ist die Reorganisation der administrativen 
und gerichtlichen Einrichtungen zu verlangen, bei welchen es wünschens- 
wert erscheint, den eingeborenen Christen den Zugang zu eröffnen und die 
Entwickelung der lokalen Autonomien zu begünstigen. V. In den Haupt- 
orten der Wilajets sind zur Untersuchung der während der Unruhen be- 
gangenen politischen und anderen Vergehen unverzüglich gemischte Kom- 
missionen einzusetzen, welche aus einer gleichen Zahl von christlichen und 
mohammedanischen Delegierten bestehen werden. An diesen Kommissionen 
werden die Konsularvertreter Oesterreich-Ungarns und Rußlands teilnehmen. 
VI. Von der türkischen Regierung ist die Anweisung besonderer Beträge 
zu verlangen: a) für die Wiedereinsetzung der nach Bulgarien und ander- 
wärts geflüchteten Bewohner in ihre Heimatsorte; b) für die Unterstützung 
der Christen, welche ihre Habe und ihr Heim verloren haben; c) für die 
Wiederherstellung der von den Türken während des Aufstandes zerstörten 
Häuser, Kirchen und Schulen. Die Kommissionen, welchen christliche No- 
tabeln angehören werden, werden über die Verteilung dieser Summen 
entscheiden. Die Konsuln Oesterreich-Ungarns und Rußlands werden die 
Verwendung derselben überwachen. VII. Die repatriierten christlichen Be- 
wohner der von den türkischen Truppen und Baschibozuks durch Feuer 
zerstörten christlichen Dörfer werden durch ein Jahr von der Zahlung jeder 
Steuer befreit sein. VIII. Die ottomanische Regierung wird sich neuerdings 
verpflichten, die in dem im Februar laufenden Jahres ausgearbeiteten 
Entwurf angegebenen, sowie alle jene Reformen, deren Notwendigkeit später- 
hin sich erweisen würde, ohne den geringsten Verzug durchzuführen. IX. Da 
die meisten Ausschreitungen und Grausamkeiten von den Ilawe (früher 
Redif 2. Klasse) und den Baschibozuks verübt wurden, ist es dringend ge- 
boten, daß die ersteren entlassen werden und die Bildung von Baschibozuk- 
banden unbedingt verhindert werde. 
November. Verhandlungen mit den Botschaftern über die 
makedonischen Reformen. 
Am 3. November erwidert die Pforte auf die Vorschläge vom 
22. Oktober: Die ottomanische Regierung bekennt sich zum Empfange der 
freundlichen Vorschläge der Botschafter von Oesterreich-Ungarn und Ruß- 
land. Trotz der Schwierigkeiten. welche das aufrührerische Werk der Agi- 
tatoren schuf, trotz der Unruhen, die durch die revolutionären Banden ver- 
anlaßt wurden, und trotz der ausgedehnten militärischen Maßnahmen, zu 
denen sich die Regierung rerpflichtet fühlte, ist ein großer Fortschritt in 
der Durchführung der Reformen zu verzeichnen, die die Regierung in Ueber- 
einstimmung mit dem freundlichen Ratschlage der beiden Mächte ins Werk 
zu setzen unternahm. Die Regierung hat bei Anwendung dieser Reformen 
die äußerste Wachsamkeit an den Tag gelegt, da sie von dem festen Ent- 
schlusse beseelt ist, die Ruhe im türkischen Reiche aufrecht zu erhalten und 
ihre Unabhängigkeit zu wahren. Die Konsuln Rußlands und Oesterreichs 
haben die Gewohnheit angenommen, ihre Eindrücke und Informationen 
dem Generalinspektor Hussein Hilmi Pascha mitzuteilen, und der letztere 
hat seinerseits die Konsuln von dem Fortschreiten des Reformwerkes in 
Kenntnis gesetzt. Es erscheint wünschenswert, daß diese freundlichen Be- 
ziehungen erhalten bleiben. Da das Kommando des Generalinspektors 
 
	        
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