Das Denische Reith und seine einzelnen Glieder. (Februar 7./14.) 39
diese ihre Anschauung im Text der Konvention zum Ausdruck zu bringen.
Die anderen Delegierten standen nun vor der Wahl, entweder die britischen
Delegierten an die Wand zu drücken und zu sagen, ihr müßt unsere gegen-
teilige Auffassung ausdrücklich anerkennen, oder aber die Konvention zu
bewilligen und eine definitive Stellungnahme zu der noch offenen Frage
sich vorzubehalten, bis sie praktisch werden würde. In den meisten der in
Frage kommenden Parlamente ist nun diese Frage überhaupt nicht er-
örtert worden, in anderen ist sie nur gestreift worden, in anderen wieder,
und speziell im deutschen, ist sie mit uns eigener Gründlichkeit behandelt
worden (Heiterkeit), und gerade die Verhandlungen des deutschen Parla-
ments haben dazu geführt, daß die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf
diese Fragen gelenkt worden ist. Die Folge ist unzweifelhaft die gewesen,
daß, wenn ich so sagen darf, man dem Löwen auf den Schwanz getreten
hat. Es kam zu lebhaften Erörterungen über die Frage, und die bri-
tische Regierung wurde durch ihr Parlament gezwungen, zu der Frage in
viel schärferer Form Stellung zu nehmen, als sonst wohl geschehen wäre.
Jedenfalls hatte bis dahin niemand ein besonderes Interesse an dieser
Frage an den Tag gelegt. Für uns bleibt nichts weiter übrig, als zu-
nächst abzuwarten. Jedenfalls haben wir uns für den Fall, daß größere
Quantitäten Zucker aus den Selbstverwaltungskolonien nach England ein-
geführt werden sollten, volle Aktionsfreiheit vorbehalten.
Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antif.) polemisiert gegen die
Aeußerung des Kanzlers über den Aufenthalt der Buren in Berlin. Reichs-
kanzler Graf Bülow: Ich kann den Gewährsmann, von welchem ich neu-
lich sprach, mit Namen nicht nennen, ohne mich einer Indiskretion schuldig
zu machen, das aber kann ich neuerdings versichern, daß es sich um eine
Persönlichkeit handelt, an deren voller Glaubwürdigkeit nicht der mindeste
Zweifel besteht. Das wird mir Herr Liebermann v. Sonnenberg hoffent-
lich um so mehr glauben, wenn ich hinzufüge, daß die betreffende Perfön-
lichkeit nicht, wie er meint, ein Diplomat ist. (Heiterkeit.) Dieser Mittels-
mann also schrieb mir damals: „Die Burengenerale kamen gestern abend
zu mir, um mir zu sagen, daß die Einhändigung einer Anfrage über eine
Audienz beim britischen Botschafter nie in ihrem Willen gelegen habe;
eine Anfrage beim britischen Botschafter einzureichen, erscheine ihnen voll-
kommen ausgeschlossen, sie würden also warten, bis sie berufen würden.“
Welche Einflüsse wirksam gewesen sind, um bei den Burengeneralen diese
plötzliche und vollständige Sinnesänderung herbeizuführen, bin ich nicht in
der Lage zu sagen. Tatsache ist jedenfalls, daß die anfänglich bei den
Burengeneralen vorhanden gewesene Neigung und Bereitwilligkeit, eine Ein-
ladung zu einer Audienz bei Seiner Majestät nachzusuchen, hinterher mo-
difiziert worden ist. Wenn die Generale hinterher für ihre Sinnesänderung
darauf hingewiesen haben, auch der König von England hätte sie zu einer
Audienz befohlen, so ist dies Argument kein durchschlagendes, denn die
Herren Burengenerale waren damals schon englische Untertanen, die der
englische König zu sich bescheiden konnte. Für jeden anderen Souverän
aber waren sie britische Staatsangehörige und mußten sich somit der Ver-
mittelung der englischen Botschaft bedienen. Jedenfalls war, nachdem durch
die Sinnesänderung der Buren eine ganz neue Sachlage geschaffen worden
war, eine Audienz der Generale beim Kaiser vollkommen ausgeschlossen.
7./14. Februar. (Reichstag.) Beratung sozialpolitischer
Fragen.
Beim Etat des Reichsamts des Innern findet eine ausführliche
Debatte über Sozialpolitik statt, namentlich über Arbeiterschutz, Herab-