Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Das Denische Reih und seine einzelnen Glieder. (Februar 9. 10.) 41 
Unverändert ist der Regierungsvorschlag geblieben, Rückfahrkarten 
im Binnenverkehr sowie im direkten Verkehr mit Bahnen, die für Hin- 
und Rückfahrt keine Preisermäßigung gewähren, nicht mehr auszugeben 
und sie mit entsprechender Preiserhöhung nur für die sächsischen Strecken 
im direkten und durchgehenden Verkehr bestehen zu lassen. Billigung fand 
leichfalls der Regierungsvorschlag, die Einheitspreise für das Personen- 
ilometer in 1. Klasse auf 7, in 2. Klasse auf 4,5, in 3. Klasse auf 3 und 
in 4. Klasse auf 2 Pfennige, sowie den Zuschlag auf Schnellzugskarten auf 
1 Pfennig für die 1. bis 3. Klasse festzusetzen. Ein im Eisenbahnrat ge- 
stellter Antrag auf Führung der 4. Klasse an Sonntagen wurde angenommen. 
Freigepäck soll in Uebereinstimmung mit der Regierungsvorlage fortgewährt 
werden; ein Antrag auf Aufhebung des Freigepäcks und Ermäßigung der 
Gepäckfracht wurde abgelehnt. In Wegfall kommen die Preisermäßigungen 
für Gesellschaftsfahrten, zusammengestellte Fahrscheinhefte, die Arbeiter- 
monatskarten, Arbeiterrückfahrkarten, die festen Rundreise- und die Sonn- 
tagsfahrkarten. — Die sächsischen Handelskammern hatten den Entwurf 
lebhaft bekämpft. 
9. Februar. (Berlin.) Generalversammlung des Bundes 
der Landwirte. 
Nach dem Geschäftsbericht hat der Bund im abgelaufenen Jahre 
nicht zugenommen. Die Bundesleitung erklärt dies damit, daß im Hin- 
blick auf die Reichstagswahlen und die dann nötige verstärkte Agitation 
die Abhaltung von Versammlungen und die Werbung von Mitgliedern im 
zweiten Halbjahre 1902 auf das äußerste beschränkt worden ist. Von den 
25000 Großgrundbesitzern des Deutschen Reiches gehören dem Bunde nur 
1455, das sind 6 v. H., an, mit einer Beitragssumme von etwa 54000—4, 
das sind 10 v. H. der Gesamtbeiträge. Von den Bundesmitgliedern wohnen 
jetzt östlich der Elbe 111500, westlich der Elbe 138 500. 
In der Debatte wird die Annahme des Antrags Kardorff (1902 
S. 170) zum BZolltarif scharf getadelt, mehrere Redner proklamieren für 
die Reichstagswahlen erbitterten Kampf gegen die Freikonservativen und 
Nationalliberalen. Dem Vorstand des Bundes, der das Zollkompromiß 
bekämpft hat, wird einstimmig Dank und Vertrauen ausgesprochen. Die 
Regierung wird scharf angegriffen, weil ihre Handelsvertragspolitik zum 
Ruin der Landwirtschaft und des Mittelstandes führe und nur Groß- 
kapitalisten und Proletarier züchte. # 
10. Februar. (Reichstag.) . Debatte über die Veteranen- 
unterstützung. 
Abg. Nißler (kons.) bringt folgende Interpellation ein: Ist der 
Reichskanzler in der Lage, über die Erhebungen Mitteilungen zu machen, 
die angestellt worden sind auf Grund der vom Reichstage unterm 6. März 
1901 beschlossenen, wie folgt lautenden Resolution: a) den Reichskanzler 
zu ersuchen, dafür Sorge tragen zu wollen, daß die Auszahlung der den 
Kriegsveteranen nach Maßgabe des Gesetzes vom 22. Mai 1895 gebührenden 
Beihilfe womöglich vom Tage der Anerkennung ihrer Berechtigung erfolge; 
b) den Antrag Nißler, die Beihilfen sämtlichen Veteranen zu gewähren, 
deren Erwerbsfähigkeit dauernd auf weniger als ein Drittel herabgesetzt ist, 
dem Reichskanzler zur Anstellung weiterer Erhebungen zu überweisen. 
Der Interpellant tadelt, daß noch nichts für die Kriegsteilnehmer, 
deren Bedürftigkeit immer größer werde, geschehen sei, obwohl sich der 
Reichstag so oft für sie verwendet habe. Ferner fragt er, in welcher Höhe 
der Invalidenfonds noch bestände, und welche Ausgaben er zu leisten habe.
	        
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