56 Nas Neuische Reicz und seine einzelnen Glieder. (März 5.—9./13.)
als Arbeiter aufzunehmen, die absolut sicher nachweisen können, daß sie
bisher nicht wurmkrank gewesen sind. Das gesamte Zentrum des Ruhr-
beckens von Gelsenkirchen bis Dortmund sowie vom Emscherfluß bis an
die von Dortmund nach Essen führende Eisenbahnlinie ist von der Seuche
erfaßt, die ständig weitere Fortschritte macht. Diese werden durch die
Berieselung der Gruben sehr gefördert; indessen lehnt die Bergpolizei-
behörde die geforderte vorläufige Einstellung der Berieselung unter dem
Hinweis darauf ab, daß diese Einrichtung die wesentlichste technische Er-
rungenschaft der Neuzeit sei, um Einzel- sowie Massenunfälle zu verhüten.
5. März. Im Reichstage werden beim Justizetat mehrere
Fälle von willkürlichen Verhaftungen durch die Polizei besprochen
und scharf getadelt. Abg. Heine (Soz.) fordert Einführung der
Entschädigungspflicht des Staates in solchen Fällen.
6. März. (Reichstag.) Etat. Debatte über die Straß-
burger katholisch-theologische Fakultät (1902 S. 266).
Abg. Sattler (ul.) bedauert, daß man die Fakultät mittelst eines
Vertrags mit der Kurie anstatt durch staatliche Machtvollkommenheit ein-
gerichtet habe. Der Inhalt bedeute ein weiteres Zurückweichen der Staats-
gewalt vor der römischen Hierarchie, weil dem Bischof die Macht gegeben
werde, mißliebige Professoren zu entsetzen. Das fortgesetzte Zurückweichen
des Staates habe eine stille innere Wut innerhalb der evangelischen Be-
völkerung erzeugt. Geh. Rat Halley: Die Behauptung von der Nieder-
lage des Staates sei eine hohle Phrase. Die Errichtung der katholisch-
theologischen Fakultät ist die wichtigste und durchschlagendste Neuerung,
die die Universität seit ihrer Begründung erlebt hat. Sie sollte dem
paritätischen Charakter der Universität vollständig gerecht werden. Sie
sollte die Universität tatsächlich zu einer universitas literarum machen,
was sie bis dahin noch nicht war, solange ihr die katholisch-theologische
Fakultät fehlte. Sie sollte endlich, was die Studierenden der katholischen
Theologie anlangt, diese in innigere Beziehungen mit dem deutschen wissen-
schaftlichen Leben bringen, als die jetzigen bischöflichen Seminare mit ihrer
Abgeschlossenheit es vermochten. Uebrigens hat kein geringerer als Fürst
Bismarck bei Begründung der Universität Straßburg 1871 den Gedanken
ausgesprochen, daß Straßburg auch auf diesem Gebiete einen durchaus
paritätischen Charakter erhalten sollte. Um das zu erreichen, konnten wir
unmöglich autonom an die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät
herangehen. Wir waren gezwungen, uns mit der römischen Kurie ins
Einvernehmen zu setzen, und es ist dabei ein Abkommen zu stande ge-
kommen, das der Reichskanzler mit Recht als ein für beide Teile gutes
Abkommen bezeichnet hat.
7./20. März. Das Preußische Abgeordnetenhaus berät
den Kultusetat. In der Debatte werden namentlich Ordensfragen
und die Konfessionalität der Schüler erörtert.
9./13. März. (Reichstag.) Zweite Beratung des Militär-
etats.
Am 9. März kritisiert Abg. Bebel (Soz.) die Verwendung von
Kavalleriemassen im letzten Kaisermanöver als unkriegsgemäß. Kriegs-
minister v. Goßler: Durch diese Kavalleriemanöver solle die Möglichkeit,
große Massen auf Einen Punkt zu versammeln, erprobt werden. — Am