Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

78 Bas Veutsche Reich und seine eintelnen Glieder. (März 31.— April 1.) 
und eines Teils des Zentrums mit den von der Kommission beantragten 
Veränderungen des Regierungsentwurfs angenommen. Im Regierungs- 
entwurf hieß es, daß für die Zwecke des Fonds erstmalig ein Anleihe- 
kredit von 60 Mill. Mark zur Verfügung gestellt werde mit der Maßgabe, 
daß in demselben Jahre nicht mehr als 30 Mill. Mark verwendet werden 
dürfen. Die Kommision hat einmalig 30 Mill. Mark bereitgestellt. Ferner 
soll die Summe von 30 Mill. Mark jedesmal in den Etat eingesetzt werden, 
also nicht außeretatsmäßig verrechnet werden. (Genehmigung in dritter 
Lesung 31. März.) 
31. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Debatte 
über Feuerbestattung. 
Das Haus verwirft nach erregter Debatte folgenden Antrag Barth 
(fr. Vg.): „Die königliche Staatsregierung zu ersuchen, die zur Einführung 
der fakultativen Feuerbestattung in Preußen erforderlichen gelefgebrrisoen 
Maßregeln zu treffen.“ Für den Antrag stimmen die beiden freisinnigen 
Parteien, die Nationalliberalen und ein Teil der Freikonservativen unter 
Führung des Abg. Frhr. v. Zedlitz. 
Ende März. (Rheinprovinz.) In dem bisher zur Zen- 
trumspartei haltenden Rheinischen Bauernverein macht sich eine 
stärkere agrarische Richtung mit einer Spitze gegen das Zentrum 
geltend. Der Vorsitzende, Graf Spee, legt deshalb den Vorsitz 
nieder. 
  
März. April. Streit zwischen Dasbach und Hoensbroech 
über Jesuitenmoral. 
Am 31. März erklärt Abg. Dasbach (Z.) in öffentlicher Versamm- 
lung in Rixdorf, er zahle demjenigen 2000 Gulden, der den Nachweis er- 
bringe, daß der Grundsatz, der Zweck heiligt das Mittel, sich in jesuiti- 
schen Schriften finde. Graf Paul Hoensbroech erbietet sich in einem 
offenen Briefe, den Nachweis zu erbringen und schlägt die Einsetzung eines 
unparteiischen Schiedsgerichts vor (10. April). Das Schiedsgericht kommt 
trotz mehrfachen Briefwechsels nicht zustande; Graf Hoensbroech veröffent- 
licht sein Beweismaterial in der Monatsschrift „Deutschland“ (Juli) und 
erklärt, den „ausgelobten“ Preis einklagen zu wollen. 
Anfang April. (Preußen.) Der Kultusminister richtet 
einen Erlaß an alle Regierungen, daß in den Volksschulen wich- 
tige sozialpolitische Fragen und wirtschaftliche Fragen wie Be- 
kämpfung der Trunksucht, Gesundheitspflege, Obst-, Gartenbaukunde, 
Versicherungswesen, Bedeutung der Kolonien u. dgl. besprochen 
werden sollen. 
1. April. (Bochum.) Differenzen zwischen Zentrum und 
Polen im westlichen Industriebezirk. 
Der Ausschuß des Zentrumswahlkomitees veröffentlicht fol- 
gende Erklärung. 
Der Ausschuß des Wahlkomitees der Zentrumspartei im rheinisch- 
westfälischen Industriegebiet hat mit dem sog. Zentralwahlkomitee der Polen, 
das seinen Sitz in Bochum hat, eine Einigung für die bevorstehende Reichs-
	        
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