Greßbritannien. (Juni 9.) 225
dem einzelnen Unterzeichner wie allen insgesamt die Verpflichtung auf-
erlegt, darauf zu achten, daß diese Grundsätze angewandt werden. (Beifall.)
Es ist wahr, daß England nicht den ihm zukommenden Anteil an der
Steigerung des Handels des Kongostaates genossen hat, aber andere Staaten
sind in ihrer Wohlfahrt sogar mit noch größerer Schnelligkeit gestiegen,
ohne daß sie bei uns Gefühle kommerzieller Eifersucht erregte, und wo
unsere Gefühle erregt wurden, geschah das, weil unser Handel durch be-
sondere Tarife ausgeschlossen worden war. (Beifall.) Zur Beurteilung
unserer Politik muß man insbesondere zweierlei in Erwägung ziehen:
Erstens haben wir die spezielle Verantwortlichkeit oder das Recht ihrer
Intervention in Angelegenheiten des Kongostaates beansprucht. Was die
Haltung der anderen Mächte betrifft, so bemerke ich, daß die italienische,
amerikanische und türkische Regierung (Heiterkeit) sämtlich versichert haben,
daß sie unsere Vorstellungen in ernste Erwägung ziehen (Heiterkeit), aber
ich fürchte, die übrigen Regierungen hegen die uns ganz unverständliche
Ansicht, daß ihre materiellen Interessen in dem Kongobecken nicht genügen,
um eine aktive Teilnahme zu rechtfertigen. Die zweite Erwägung ist die,
daß die Lage durch den Charakter der letzten Antwort der Kongoregierung
verändert ist. Letztere versichert uns, daß sie bereit sei, anzuerkennen, daß
die Anschuldigung Casements einen starken Grund für eine Untersuchung
bildet und daß sie gewillt ist, die Untersuchung zu fördern. Das ist ein
befriedigender Beweis dafür, daß unsere Vorstellungen nicht ohne Wirkung
geblieben sind. Die Schritte, welche die Kongoregierung bisher zur För-
derung einer Reform der Verwaltung getan hat, entsprächen nicht dem,
was man erwarten könne. Beispielsweise sei auf die Handelsrechte Eng-
lands und Europas überhaupt keine Rücksicht genommen worden. „Wir
sind vollkommen gewillt, mit Zustimmung der Mächte unsere eigene Hand-
habung bezüglich der Konzessionen in unseren Gebieten dem Haager Tri-
bunal zu unterbreiten und befinden uns in freundlichem Meinungsaus-
tausche mit der französischen Regierung, nicht nur zum Zwecke der Rege-
lung individueller und privater Ansprüche von englischen und französischen
Firmen, sondern auch zum Zwecke der Erlangung einer befriedigenden Aus-
legung der Bedeutung der Freihandelsbestimmungen in der Berliner Kongo-
akte. Wenn wir hiermit Erfolg haben, so hoffe ich, daß der gänzlich un-
gerechtfertigte Verdacht der Kongoregierung hinsichtlich unseres Appells be-
seitigt werden wird. Ueber den Charakter und den Umfang der beabsich-
tigten Untersuchung sind wir noch immer im unklaren. Wenn sich dieselbe
auf die in dem Bericht des Konsuls Casement enthaltenen Anklagen be-
schränken, oder wenn die Untersuchungskommission aus Personen zusammen-
gesetzt sein sollte, die zur Kongoregierung Beziehungen haben, würde man
zu derselben kein Vertrauen haben können. Die britische Regierung ist
gewillt, die Namen der Personen und andere Informationen bezüglich der
Anklagen zu geben, vorausgesetzt, daß hinlängliche Sicherheit dafür vor-
handen ist, daß auf die Zeugen kein Druck ausgeübt und Vergeltung ver-
hindert wird und daß die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses
uns vertrauenswert erscheint. Percy schließt: Der internationale Charakter
der Assoziation, die dem gegenwärtigen Kongostaat vorhergegangen ist, ist
lange verschwunden. Jetzt ist der Kongostaat in den Augen unzähliger
Eingeborener der Mandator Europas und das einzige Muster christlicher
Moralität. Was steht auf dem Spiel, falls diese Stellung mißbraucht und
das Vertrauen verraten wird? Es ist dies nicht eine Frage der Existenz
oder der Souveränität eines Staates, sondern eine Frage des guten Rufes
Europas und des christlichen Glaubens. In dieser Ueberzeugung haben
wir ebensowohl an die Regierungen Europas wie an die Verwalter des
Europäischer Geschichtskalender. XIV. 15