146 NVas Veutsche Reich und seine einzelnen Slieder. (Dezember 6./15.)
hat, erhält ihre Grundlage in den Etats für Südwestafrika und Ostafrika.
Ich kenne sehr wohl die Schwierigkeiten, auf diesem Gebiete zu organi-
satorischen Reformen zu kommen. Ich hoffe und vertraue aber doch darauf,
daß sich über die Mittel zur Erreichung dieses Zieles eine Einigung mit
dem Hause wird herbeiführen lassen. Der Abg. Fritzen äußerte neulich
weifel darüber, ob durch die Einrichtung eines Kolonialamtes an der
olonialverwaltung etwas geändert werden würde. Er verlangte eine
Reorganisation von unten herauf, die von der Verwaltung der verschie-
denen Schutzgebiete auszugehen habe. Ich muß darauf erwidern: Das
eine tun und das andere nicht lassen. Aus dem, was ich schon vor einem
Jahre ausgeführt habe, wissen Sie, daß die Umwandlung der Kolonial=
abteilung in ein Reichskolonialamt nur als ein Glied in der Kolonial-
reform zu betrachten ist, aber allerdings als ein wichtiges Glied. Die
Verwaltung der Schutzgebiete hängt doch wesentlich davon ab, daß der
Mechanismus der Zentralinstanz richtig klappt. Mir ist es aber zweifellos,
daß die Zentralverwaltung ihrer umfangreichen und vielgestaltigen Auf-
gabe in dem jetzigen Rahmen nicht mehr gerecht werden kann. Es kommt
dazu, daß es für den Reichskanzler überaus erwünscht ist, für die Kolonial-
angelegenheiten einen anderen Stellvertreter zur Seite zu haben, sowie er
solche für die übrigen Ressorts besitzt. Wie Ihnen bekannt, kann nur der
Vorsteher einer obersten Reichsbehörde mit solcher Stellvertretung betraut
werden. Das Reichskolonialamt soll eine oberste Reichsbehörde werden,
die Kolonialabteilung ist es nicht. Nun hat der Herr Abg. Bassermann
soeben den Wunsch ausgesprochen nach einem besseren Beamtenpersonal
für die Kolonien. Auch hier gebe ich vollkommen zu, daß die Kolonial=
verwaltung nicht immer die richtigen Leute auf die richtigen Posten gestellt
hat. Ich bitte aber doch, solche Fehler nicht zu verallgemeinern. Ich bin
überzeugt, daß die große Mehrheit unserer Kolonialbeamten ihre Schuldig-
keit tut. In jeder Verwaltung werden Verfehlungen vorkommen, namentlich
unter den schwierigen, unter den besonderen Verhältnissen in den Kolo-
nien. Ich möchte auch daran erinnern, daß sich eine, allen Anforderungen
genügende koloniale Beamtenschaft nicht aus der Erde stampfen läßt, son-
dern daß sie nur allmählich herangezogen werden, daß sie sich nur all-
mählich entwickeln kann. Ich habe gleichfalls gesagt, alle koloniale Re-
organisation nütze nichts, wenn nicht in der ganzen Verwaltung der richtige
Geist herrsche. Ich bin aber überzeugt, daß es nach und nach gelingen
wird, einen solchen Beamtenstand, der allen Anforderungen in den Kolo-
nien entspricht, heranzuziehen, der auf der Höhe des guten Rufes des
deutschen Beamtentums steht. Der Abg. Bassermann hat auch den Wechsel
berührt, der in der Kolonialverwaltung vor sich gegangen ist. Ich würde
es für eine Ungerechtigkeit halten, nicht auch bei diesem Anlaß meine An-
erkennung auszusprechen dem bisherigen Herrn Kolonialdirektor für die
Pflichttreue und, ich kann wohl sagen, für die Selbstlosigkeit, mit der er
in harten Zeiten sein Amt wahrgenommen hat. (Bravol) Ich hoffe und
glaube, daß sein Nachfolger der richtige Mann ist, um die Gesichtspunkte
durchzuführen, die ich als die Vorbedingung für eine glückliche Gestaltung
der kolonialen Verhältnisse hingestellt habe. Ich erwarte insbesondere, daß
er von der Kolonialverwaltung fernhalten wird die Krebsschäden jeder
Verwaltung: Bureaukratismus und persönliche Eifersüchteleien. Ich bin
auch überzeugt, daß es ihm ebenso fernliegen wird wie mir, tüchtige Leute
in Wasserstiefeln zurückzusetzen hinter weniger tüchtigen Leuten in Lack-
schuhen. (Heiterkeit.) Ich hoffe, daß mit der Unterstützung dieses hohen
Hauses unseren Kolonien, unserem Schmerzenskind, kann ich wohl sagen,
bessere Tage und ein Aufschwung bevorstehen mögen. Ich will aber diesen