Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

162 Hie äferreitish-nngarishe Monerchie. (Mai 13.—Juni 18.) 
Haus möge überzeugt sein, daß die parlamentarische Erledigung des Zoll- 
tarifs die wichtigste, aber auch die unentbehrlichste Gewähr für eine wirk- 
same Wahrung der wirtschaftlichen Interessen Oesterreichs biete. Dies 
gelte auch speziell hinsichtlich des wirtschaftlichen Berhältnisses zu Ungarn. 
— Viele Redner finden, daß sowohl Ungarn wie das Ausland Oesterreich 
gegenüber begünstigt ist. 
13. Mai. (Cisleithanien.) Debatte über die Errichtung 
nationaler Universitäten. 
In der Beratung über die Errichtung einer italienischen Rechts- 
fakultät in Rovereto fordert Abg. Bennati (Ital.) eine italienische 
Universität in Triest. Abg. Romamzuk verlangt eine ruthenische 
Fakultät in Lemberg. Abg. Lautan protestiert gegen die italienische 
Fakultät und fordert eine slovenische Universität in Laibach. Unterrichts- 
minister Ritter v. Hartel: Die Regierung stehe den in den letzten Jahr- 
zehnten sich mehrenden Wünschen nach Errichtung neuer Universitäten 
durchaus sympathisch gegenüber, sie müsse jedoch auf die wiederholt dar- 
gelegten unentbehrlichen, notwendigen Vorbedingungen für dieselben die 
gebotene Rücksicht nehmen; es werde sich Gelegenheit bieten, die Fragen 
der Errichtung einer zweiten tschechischen, einer ruthenischen und einer 
slovenischen Universität im Ausschusse zu erörtern. 
24. Mai. (Wien.) Graf Andrassy, der Vertrauensmann der 
koalierten ungarischen Parteien, unterhandelt mit der Krone. 
Das „Ungarische Korrespondenz-Burean" berichtet darüber: „Der 
Kaiser empfing heute vormittag 11 Uhr den Grafen Andrassy in Audienz. 
Dieselbe währte / Stunden. Graf Andrassy entwickelte das gemäß den 
letzten Beschlüssen des leitenden Ausschusses aufgestellte Programm der 
Koalition, auf Grund dessen die Bildung des Kabinetts aus den Reihen 
der Majorität erfolgen könnte. Die Audienz ergab, daß keine Verände- 
rung des gegensätzlichen Standpunktes in der Armeefrage eingetreten sei. 
Die Lage ist also unverändert dieselbe, die sie seit Monaten gewesen ist. — 
Graf Andrassy verläßt nachmittags 3 Uhr Wien und wird dem leitenden 
Ausschusse über den Verlauf der Audienz berichten. Das Kabinett Tisza 
muß, da über seine Ersetzung bisher kein endgültiger Beschluß gefaßt 
wurde, die interimistische Geschäftsführung noch einige Zeit fortsetzen.“ 
26. Mai. (Böhmen.) Die Deutschen erklären im Landtag, 
die Obstruktion für einige wirtschaftliche Vorlagen einstellen zu 
wollen. Sobald die Tschechen im Reichsrat Obstruktion trieben, 
würden sie die Deutschen im Landtag wieder beginnen. 
2. Juni. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus genehmigt mit 
großer Mehrheit einen Antrag Kossuth auf Schaffung eines auto- 
nomen ungarischen Zolltarifs. 
13.18. Juni. (Ungarn.) Kabinettswechsel. 
Am 13. Juni bildet der frühere Honvedminister Baron Fejer- 
vary ein neues Ministerium. Das Ministerium des Innern übernimmt 
der Obergespan Kristoffy, das Handelsministerium der ehemalige Staats- 
sekretär Voeroes, das Ackerbauministerium der Schriftsteller Andreas 
Gyoergy, das Unterrichtsministerium der Obergespan Georg Lukacs, das 
Justizministerium Ministerialrat Lanyi, das Honvedministerium General- 
  
 
	        
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