Bie Uerreichisch-ungarische Menarchie. (August 23.—September 14.) 167
ab, an der die gemeinsamen Minister und die beiden Minister-
präsidenten teilnehmen. Es wird namentlich die ungarische Krifis
besprochen.
23. August. (Ungarn.) Eine Konferenz der liberalen Partei
in Pest beschließt, auf der bisherigen Grundlage verharren zu wollen;
indessen sei sie bereit, falls eine Konzentration sämtlicher Fraktionen
der 67er Ausgleichspartei stattfindet, an der Bildung dieser neuen
Partei mit Preisgabe ihrer gesonderten Existenz als Partei mit-
zuwirken. — Mehrere Mitglieder treten aus der Partei aus.
Ende August. (Ungarn.) Eine Verfügung der Regierung
bestimmt, daß die Hälfte aller dem Lesen und Schreiben gewidmeten
Stunden in Schulen mit nichtmagyarischer Unterrichtssprache dem
Magyarischen gewidmet sein müsse.
31. August. Osterreich-Ungarn und Italien beschließen, die
am 24. September 1904 in Rom unterzeichnete Deklaration über
die einstweilige Regelung der österreichisch -ungarisch-italienischen
Handelsbeziehungen für den 1. März 1906 zu kündigen.
11. September. (Cisleithanien.) Der Kultusminister
v. Hartel und der Handelsminister v. Call treten zurück. Die Mi-
nisterien übernehmen zunächst die Sektionschefs.
12. September. (Ungarn.) Ministerpräfident Fejervary reicht
seine Entlassung ein.
Im allgemeinen wird als Grund angenommen, daß der König dem
allgemeinen Wahlrecht nicht zugestimmt habe, weil er davon unter dem Ein-
fluß des Grafen Goluchowski und des Frhrn. v. Gautsch üble Folgen für
Cisleithanien befürchtet habe. Das Wiener „Vaterland“ schreibt dagegen:
Es ist hervorzuheben, daß Baron Fejervary nicht die Ablehnung des all-
gemeinen Wahlrechtes als Grund der Demission des Kabinetts bezeichnet
hat, sondern nur, daß es der Regierung nicht gelungen ist, die ihr zuge-
wiesene Aufgabe des Zustandekommens einer Mehrheitsregierung zu lösen.
Das beweist, daß die Krone in der Wahlrechtsfrage nicht meritorisch ent-
schieden, sondern nur es abgelehnt hat, eine allgemeine Erklärung abgeben
zu lassen, ohne daß sie die noch nicht ausgearbeitete Wahlrechtsvorlage
kennt. Das ist für die Koalition eine sehr bedenkliche Zwickmühle, weil
die Freiheit der Aktion der Krone durch die Regierungserklärung (im
Abgeordnetenhause) nicht im mindesten beirrt erscheint und weil gestern die
liberale Partei einen Ausschuß zur Ausarbeitung eines Parteiprogramms
und einen Ausschuß zur Organisierung eines Parteiklubs wählte.
14. September. (Ungarkt.) Die Führer der Koalition ver-
öffentlichen einen Antrag, die Regierung in Anklagezustand zu
versetzen.
September. (Ungarn.) Eine Broschüre, die für eine Los-
reißung Ungarns unter einem Hohenzollern plädiert, erregt großes