Greßbritaunien. (Juli Ende — August 3.) 195
da sie noch über die Mehrheit verfüge. — Am 25. wird der Be-
schluß vom 21. mit 260 gegen 200 Stimmen rückgängig gemacht.
Ende Juli. Die Presse verbreitet im Anschluß an die Kaiser-
begegnung (vgl. Rußland und S. 107) die Nachricht, daß der deutsche
Kaiser die norwegische Krone für einen Hohenzoller erstrebe und
daß er die Ostsee allen Schiffen außer denen der baltischen Nationen
verschließen wolle.
1. August. (Unterhaus.) Auf eine Anfrage erklärt Minister-
präsident Balfour, daß das Gerücht, ein deutsches Syndikat wolle
Kohlenfelder in Südwales ankaufen, unrichtig sei. Im Notfalle
werde man es durch ein Gesetz verhindern, weil die Verteidigung
dadurch Gefahr liefe.
3. August. (Unterhaus.) Debatte über Ostafien, Deutsch-
land, Kongostaat, Kreta.
Abg. Charles Dilke (lib.) polemisiert gegen Balfour, der die aus-
wärtige Lage zu schwarz dargestellt habe; England sei von keinem Angriff
bedroht. Ein Kabinettswechsel würde die auswärtigen Beziehungen nicht
beeinflussen, da die nationalen Interessen eine unabänderliche Bahn der
Politik vorschrieben. J. Walton (lib.) fürchtet, daß Deutschland in Schan-
tung die offene Tür verschließen werde. Fitzmaurice (lib.) wünscht Er-
haltung des Bündnisses mit Japan. Unterstaatssekretär Earl of Perch:
Große politische Fragen könnten jetzt nicht erörtert werden. Ich habe aber
mit Befriedigung Kenntnis genommen von den von den Rednern der
Opposition abgegebenen Erklärungen, daß keine Meinungsverschiedenheiten
unter den Mitgliedern der Opposition herrschen hinsichtlich der Ansicht,
daß es wünschenswert sei, das Bündnis mit Japan zu erneuern. Auch
schließe ich mich den Ausführungen Dilkes über die allgemeine Lage in
Europa an und glaube, daß sie zu Befürchtungen keinen Anlaß gibt. Ich
meine sogar, daß gegenwärtig viel weniger Grund zur Besorgnis vorliegt
als in früheren Perioden. Hierauf sagt er über die Beziehungen zum
Kongostaat: Die englische Regierung sei dabei nur von menschenfreund-
lichen Beweggründen geleitet; sie hoffe zuversichtlich, daß infolge der Unter-
suchung, die gegen die Verwaltung des Kongostaats geführt werde, schnelle
und wirksame Remedur gegenüber den vorhandenen Mißständen werde ge-
schaffen werden. Was das Handelssystem im Kongobecken betreffe, so sei
die Regierung der Ansicht, daß die Regelung dieser Frage durch eine inter-
nationale Konferenz zu erfolgen habe, in der von den Mächten, die die
Berliner Akte unterzeichnet haben, so viele als möglich vertreten sein
sollen. — In Kreta seien die Garantiemächte darüber einig, daß dem Ver-
langen nach einer Vereinigung Kretas mit Griechenland zur Zeit nicht
stattgegeben werden könne, doch seien sie der Ansicht, daß die Verwaltung
der Insel eine sehr sorgfältige Prüfung erfordere. Die Besorgnisse, die
von einem der Redner auf das Vorgehen Deutschlands in Schantung ge-
äußert worden waren, hält der Vertreter des Auswärtigen Amts für un-
begründet. Es sei nicht richtig, daß die deutsche Regierung die Bergrechte
in dieser Provinz monopolisiert habe. Das Prinzip der offenen Türe sei
dort nicht verletzt. Die englische Regierung habe neuerdings mit der Re-
gierung von Frankreich Verhandlungen bezüglich des Baues einer Eisen-
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