Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

Großbritannien. (Dezember 1.—21.) 201 
Ergebnis der dortigen Wahlen feststehe. Die Reichsregierung hat am 
29. November die Vertagung der Konferenz bis 1907 veranlaßt. 
1. Dezember. (London.) Eine große Volksversammlung 
unter Vorsitz von Lord Avebury demonstriert für die Pflege guter 
Beziehungen zu Deutschland. — In den nächsten Tagen finden 
noch ähnliche Kundgebungen statt, z. B. im Lyceum Ladies--Club, 
wo der deutsche Botschafter eine Rede hält. (Vgl. S. 154.) 
4. Dezember. Kabinettwechsel. 
Das Ministerium Balfour reicht seine Demission ein. Am 10. wird 
folgendes liberale Ministerium gebildet: Premierminister und Erster Lord 
des Schatzes Sir Henry Campbell Bannermann, Lordgroßkanzler Sir 
Nobert Reid, Schatzkanzler Asquith, Inneres Herbert Gladstone, Aeußeres 
Sir Edward Grey, Kolonien Earl of Elgin, Krieg Haldane, Indien Morley, 
Admiralität Lord Tweedmouth, Handelsamt Lloyd-George, Lokalverwal-- 
tungsamt John Burns (von der Arbeiterpartei), Sekretär für Schottland 
Sinclair, Ackerbau Earl of Carrington, Generalpostmeister Sydney Buxton, 
Chefsekretär für Irland Bryce, Lordpräsident des Geheimen Rats Earl 
of Crewe, Lord-Geheimsiegelbewahrer Marquis of Ripon, Unterricht 
Augustine Birrel, Kanzler des Herzogtums Lancaster Sir Henry Fowler. 
Minister, die dem Kabinett nicht angehören, sind: Lordstatthalter von Ir- 
land Earl of Aberdeen, Lordkanzler von Irland Lord Justice Walker und 
Erster Kommissar der öffentlichen Arbeiten Lewis Harcourt. 
7. Dezember. (IJrland.) Eine Versammlung der Irifsh 
National Konvention, an der mehrere nationalistische Abgeordnete 
teilnehmen, fordert, daß eine einem irischen Parlament verantwort- 
liche irische Regierung geschaffen werde. 
21. Dezember. (London.) In der liberalen Vereinigung 
hält der Ministerpräsident Campbell Bannermann eine Programm- 
rede, worin er über die auswärtige Politik sagt: 
Vor einigen Wochen nahm ich in Portsmouth Bezug auf unsere 
augenblicklichen Beziehungen zu anderen Mächten, und ich begrüße mit 
besonderem Beifall und besonderem Vergnügen das von Lord Lansdowne 
so weise abgeschlossene Abkommen mit der französischen Regierung und gab 
der Bewunderung, die meine Landsleute aller Klassen und aller Parteien 
für die große französische Nation hegen, Ausdruck. Es ist mein Wunsch, 
ausdrücklich zu betonen, daß ich an der Politik der Entente Cordiale fest- 
halte. Noch wichtiger aber, als jedes freundliche Abkommen, ist die wahre 
Freundschaft, die sich zwischen den beiden Völkern entwickelt hat, und eines 
der Ziele unserer Politik wird das sein, diesen Geist der Freundschaft zu 
erhalten. Bei der von mir erwähnten Gelegenheit gedachte ich kurz der 
schweren Prüfung, die Rußland augenblicklich zu bestehen hat. Alles, was 
ich jetzt sagen kann, ist: „Wir haben nur freundliche Gefühle jenem großen 
Volke gegenüber"“. Was Deutschland anbelangt, so sehe ich nicht die ge- 
ringste Veranlassung zur Entfremdung in irgend einem Interesse der beiden 
Völker, und wir heißen die unoffiziellen Freundschaftsdemonstrationen, die 
in der letzten Zeit zwischen den beiden Ländern ausgetauscht wurden, will- 
kommen. Unsere Beziehungen zu anderen europäischen Mächten sind die 
freundschaftlichsten. Gehen wir über die Grenzen Europas hinaus, so
	        
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