Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

Italien. (April 4.) 229 
Staat für den 1. Juli sicherzustellen. Wir bringen einen Gesetzentwurf 
ein, der mit einigen angebracht erscheinenden Abänderungen die Grund- 
züge des Entwurfs des früheren Ministeriums einschließlich der wirtschaft- 
lichen Besserstellung der Angestellten aufnimmt und andererseits Vorschläge 
enthält, die teils zu sofortiger Durchführung bestimmt sind, teils darauf 
hinzielen, vom 1. Juli ab den vom Staate zu übernehmenden Eisenbahn- 
dienst zu regeln. Andere Ergänzungsmaßnahmen werden später vorge- 
schlagen. Wir haben das Vertrauen, daß die Kammer den Entwurf sorg- 
fältig prüfsen und ihm zustimmen wird. Es würde überflüssig sein, uns 
nochmals ausführlich darüber auszulassen, daß das Regiment der Freiheit 
aufrechterhalten werden muß und daß unsere auswärtige Politik friedliche 
Ziele verfolgt. In allen innerpolitischen Fragen werden wir die Ideen 
von Recht und Billigkeit zur Anwendung bringen, aber wir werden niemals 
darein willigen können, daß die Autorität des Staates vermindert 
werde oder daß die Vernunft und die staatliche Ordnung, die eine wesent- 
liche Bedingung des freien bürgerlichen Lebens sind, bedroht werden. Was 
die internationalen Beziehungen betrifft, so werden wir den von unseren 
Vorgängern eingeschlagenen Bahnen und ihrer Verhaltungslinie folgen. 
Die auswärtige Politik Italiens, die in klarer Weise vorgezeichnet ist durch 
die wiederholten Kundgebungen des Parlaments und durch den klar aus- 
gesprochenen Willen des Volkes, kann und soll in keiner Weise eine Modifi- 
kation erfahren. Wir werden sie mit größtem Eifer verfolgen, unsere 
Interessen wahrnehmen und unter den Völkern ein Element des Friedens 
sein. Der feste Entschluß, dem Lande die Segnungen des Friedens zu 
sichern, darf uns aber nicht abhalten, unsere Verteidigungsmittel vorzu- 
bereiten. Gerade weil Italien den Frieden will, mu es für die Ver- 
besserung der militärischen Organisation Sorge tragen. Auch der Flotte, 
die ein sehr wichtiger Faktor der Friedenspolitik ist, muß besondere Sorg- 
falt zugewendet werden. Ueberall wird von den großen Völkern an der 
Vermehrung der Macht auf dem Meere gearbeitet, zwar nicht nur zum 
Zweck der Verteidigung, sondern auch zu dem des Schutzes des Handels. 
Es wäre deshalb unklug von unserer Seite, wenn wir verabsäumten, unsere 
Flotte zu verstärken. Wenn zur Erfüllung dieser höchsten Pflichten größere 
Mittel nötig sein sollten, wird das Parlament sie sicherlich nicht verweigern 
wollen. Wir müssen und wollen Ihnen aber die Versicherung geben, daß 
wir niemals die Grenzen aus dem Auge lassen werden, die unsere Finanz- 
lage uns auferlegt, und daß wir es uns angelegen sein lassen werden, 
Sparsamkeit in jedem nur möglichen Umfang zu üben. Wir sind durch- 
drungen von der ganzen Wichtigkeit der Finanzfrage. Es ist unser fester 
Wille, ein solides Gleichgewicht des Budgets aufrecht zu erhalten und den 
Kredit des Staates zu wahren; das ist unumgänglich notwendig, um die 
erwünschte Verbesserung im öffentlichen Dienste, die Verminderung der 
Staatslasten und die Entwicklung der wirtschaftlichen Wohlfahrt des Landes 
zu sichern. Damit unsere Finanzlage auch weiterhin eine gute bleibe, 
müssen wir das Vertrauen haben, daß das Parlament das Budget nicht 
mit neuen Ausgaben, die nicht absolut nötig und dringend sind, belastet. 
Es darf nicht vergessen werden, daß wir vor dem Lande die Verpflichtung 
übernommen haben, die verfügbaren Beträge des Budgets für die Steuer- 
reform zu verwenden, die die Staatslasten besser verteilen und sie weniger 
drückend für die minder bemittelten Klassen machen soll. Auf sozialem 
Gebiete müssen wir die schon mit Erfolg begonnene Gesetzgebung weiter 
führen. Es werden Vorlagen betreffend soziale Reformen und ebenso 
solche betreffend den öffentlichen Unterricht eingebracht werden. Unser 
Streben wird einzig und allein sein, dem Lande nützliche Dienste zu 
  
  
 
	        
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