Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

Nußland. (März Ende.) 263 
gegen den Großfürsten Wladimir, den Generalgouverneur Trepow 
und den Minister des Innern Bulygin. 
31. März. Die Petersburger Telegraphenagentur teilt amt- 
lich über die Berufung von Volksvertretern mit: 
Am 3. März setzte der Kaiser durch einen Erlaß eine besondere 
Konferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Innern ein, welche beraten 
sollte, auf welche Weise der Wille des Kaisers, Vertreter der Bevölkerung 
zur Teilnahme an der Gesetzgebung einzuladen, zu verwirklichen sei. Der 
Leiter der Konferenz, Mcess Bulygin, veranlaßte im Ministerium des 
Innern unverzüglich eine Sichtung des vorhandenen Materials und widmete 
den vorbereitenden Arbeiten eine ganz besondere Aufmerksamkeit. Das 
Material, welches auch eine Anzahl Vorschläge enthält, welche von ver- 
schiedenen Persönlichkeiten und Vereinigungen gemacht wurden, weist bezüg- 
lich der grundlegenden Fragen und in den Einzelheiten der zu lösenden 
Aufgabe erhebliche Verschiedenheiten auf. Unter diesen Umständen würde 
die Erörterung der einzelnen Entwürfe zu Weitläufigkeiten geführt, und 
die Arbeiten der Konferenz aufgehalten haben, um so mehr, als letztere 
nicht allein aus Vertretern der Regierung und hohen Beamten zusammen- 
gesetzt sein sollte, sondern auch aus Personen, die durch ihre Tätigkeit für 
die Allgemeinheit der Regierung bekannt und mit den Voraussetzungen und 
dem Stand der kulturellen Entwicklung der verschiedenen Teile des Reiches 
vertraut sind. Infolgedessen wäre die Konferenz gezwungen gewesen, sich 
über die verschiedenen Gesichtspunkte in der zur Beratung stehenden Frage 
zu verbreiten. Der Minister erachtete es deshalb für nötig, die grund- 
legenden Prinzipien sofort festzustellen, nach denen die Einberufung von 
Volksvertretern erfolgen soll; er wird diese Grundlagen dem Ministerrate 
unterbreiten und dann endgültig in der auf Grund des Erlasses vom 
3. März geschaffenen besonderen Konferenz darüber beraten lassen. Unter 
diesen Umständen würden alle vorbereitenden Arbeiten in zwei oder drei 
Monaten beendet sein. Die Frage, auf welchem Wege die Verwirklichung 
des kaiserlichen Willens am besten zu erreichen ist, hätte ihre Lösung zu 
finden auf der Grundlage der gleichen Berücksichtigung der allgemeinen 
Interessen des Staates und der örtlichen Bedürfnisse der verschiedenen Teile 
des Reiches. Der Minister unterbreitete dem Kaiser diese Vorschläge. Dieser 
gab ihnen am 29. März seine Zustimmung. 
Ende März. In der Krim brechen Unruhen aus; das kaiser- 
liche Schloß in Yalta wird geplündert. Militär und Kriegsschiffe 
stellen die Ordnung wieder her. In Caseno (Gouv. Jekaterinos- 
law) werden die deutschen Ansiedler bedroht. In Livland wird 
der Zustand des verstärkten Schutzes verhängt. Im Gouvernement 
Warschau wird der Verkauf von Schießwaffen verboten. 
Ende März. (Petersburg.) Der Heilige Synod beschließt 
gegen das Votum Pobjedonoszews, den Kaiser um die Genehmigung 
zur Einberufung eines Sobor zu ersuchen, in welchem die Wahl 
eines Patriarchen vorgenommen werden soll. 
Ende März. Der „Russki Invalid“ schreibt über die mili- 
tärischen Anstrengungen Rußlands, die Verluste und die augenblick- 
liche Stärke der mandschurischen Armee:
	        
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