Kußland. (Juni 19.—26.) 269
russischen und japanischen Bevollmächtigten betrifft, welche die Aufgabe
hätten zu prüfen, bis zu welchem Punkte es den beiden Mächten möglich
wäre, die Friedensbedingungen auszuarbeiten, so hätte die kaiserliche Re-
gierung im Prinzip nichts gegen einen derartigen Versuch einzuwenden,
wenn Japan den Wunsch darnach ausdrückte.“
19. Juni. (Peterhof.) Der Zar empfängt eine Abordnung
des Moskauer Semstwokongresses und der Stadt Petersburg. Auf
die Ansprache des Fürsten Trubetzkoy, der Verwaltungsreformen
fordert, erwidert der Zar:
Ich bin erfreut, Sie gehört zu haben. Ich zweifle nicht, daß Sie
geleitet sind von einer glühenden Vaterlandsliebe, indem Sie sich direkt an
Mich wandten. Ich bin mit Ihnen und dem ganzen Volke aufs tiefste
betrübt gewesen, und bin es noch über das Unglück, welches der Krieg
über Rußland brachte und über die Drangsale, welche noch eintreten können,
sowie über alle Wirrnisse im Innern. Zerstreuen Sie Ihre Bedenken. Mein
Wille ist ein souveräner Wille, ein unerschütterlicher. Die Zulassung von
Erwählten zu den Arbeiten des Staates wird ordnungsgemäß durchgeführt.
Jeden Tag wache Ich über diesem Werke und widme Ich Mich ihm. Sie
können dies allen, die Ihnen nahestehen, mitteilen, mögen sie auf dem Lande
oder in Städten wohnen. Ich bin fest überzeugt, daß Rußland aus den
Prüfungen, die es übersteht, verjüngt hervorgehen wird, und daß sich, wie
dies früher der Fall war, eine Einigung zwischen dem Kaiser und ganz
Rußland bilden wird, eine Uebereinstimmung zwischen Mir und den
Männern der russischen Erde, eine Einigung und Uebereinstimmung, welche
als Grundlage für die Ordnung der Dinge in einer den ursprünglichen
russischen Grundsätzen entsprechenden Weise dienen soll. Ich habe Vertrauen
zu Ihrem aufrichtigen Wunsche, Mich in dieser Aufgabe zu unterstützen!
21.—25. Juni. (Lodz.) Große Straßenkämpfe, bei denen
561 Personen getötet werden. 60000 Arbeiter kämpfen auf Barri-
kaden, die von den Truppen gestürmt werden. In Warschau und
Czenstochau herrschen Ausstände.
26. Juni. Die offiziöse Telegraphenagentur veröffentlicht die
Grundzüge der vom Minister des Innern Bulygin entworfenen
Verfassung.
Die Gossudarstwennaja wird 500 Vertreter umfassen, die auf fünf
Jahre gewählt werden. Die Plenarversammlung des Parlaments wird von
einem Präsidenten geleitet, der vom Kaiser ernannt wird. Die Duma wird
eingeteilt in zehn Abteilungen, jede mit eigener Kompetenz über Land-
wirtschaft, Finanzen, Justiz, Handel, öffentliche Arbeiten, Marine u. s. w.
Die Abteilungspräsidenten werden von der Plenarversammlung ernannt.
Die Mitglieder des Parlaments erhalten eine jährliche Entschädigung von
2500 Rubeln. Die Abgeordneten genießen absolute parlamentarische
Immunität. Die Versetzung eines Deputierten in Anklagezustand kann nur
mit Zustimmung des Parlaments geschehen. Die Kompetenzen der Gossu-
darstwennaja Duma sind die gleichen wie diejenigen des Reichsrates, dazu
wird ihr die Aufsicht über die Tätigkeit der Regierung übertragen. Ferner
erhält die Plenarversammlung der Nationalvertretung das Recht der Ini-
tiative für die Ausarbeitung neuer Gesetze, die ihr notwendig erscheinen.
Die Duma wird berechtigt, die Regierung über alle ihre Geschäfte zu inter-