Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

270 Rusland. (Juni 28.—Juli 24.) 
pellieren. Die Geschäftsordnung ist folgende: Jedes Geschäft wird durch 
eine Abteilung der Duma geprüft, dann gelangt es vor die Plenarver- 
sammlung und von dort vor den Reichsrat. Bezüglich des Wahlverfahrens 
ist noch nichts endgültig bestimmt, da im Schoße der Regierung Meinungs- 
verschiedenheiten zutage getreten sind. 
28./29. Juni. (Odessa.) Unruhen unter der Hafenbevölke- 
rung arten zu großen Kämpfen mit den Truppen aus. Viele 
Packhäuser und mehrere Schiffe werden durch Feuer zerstört. 
Mehrere Hundert Menschen kommen um. 
Ende Juni. Der „Rußki Invalid“" berechnet die Stärke der 
japanischen Armeen auf 550—600000 Mann. 
Ende Juni. (Kaukasus.) Im ganzen Gouvernement er- 
heben sich die Tataren gegen die Armenier. Die Regierung ver- 
hängt den Kriegszustand. 
Ende Juni. Anfang Juli. Meutereien auf der Schwarzen 
Meer-Flotte. 
Auf dem Panzer „Fürst Potemkin“ der Schwarzen Meer--Flotte 
meutert die Besatzung, weil ein Offizier einen beschwerdeführenden Soldaten 
erschießt, und tötet die meisten Offiziere. Das Schiff erscheint mit zwei 
Torpedos am 27. vor Odessa und erzwingt durch Drohungen mit Bom- 
bardement die Lieferung von Kohlen und Lebensmitteln. In den folgen- 
den Tagen sucht Vizeadmiral Krieger mit mehreren Linienschiffen und 
Kreuzern den „Potemkin“ zur Ergebung zu zwingen. Da sich der „Potem- 
kin“ weigert, kehrt Krieger nach Sebastopol zurück. — Der „Potemkin“ dampft 
nach Konstanza. (2. Juli), verläßt aber nach Aufforderung der rumänischen 
Behörden den Hafen. Am 8. kehrt er mit einem Torpedoboot zurück; die 
Mannschaften ergeben sich den rumänischen Behörden. Sie werden als 
politische Verbrecher betrachtet und nicht ausgeliefert. 
7. Juli. (Peterhof.) Der Zar empfängt konservative Ab- 
ordnungen, die die Festhaltung der altrussischen Grundsätze fordern. 
13. Juli. Vizeadmiral Birilew wird zum Marineminister 
ernannt. 
14. Juli. Der Präsident des Ministerkomitees v. Witte wird 
zum Bevollmächtigten für die Friedensunterhandlungen ernannt. 
20. Juli. (Moskau.) Eine Versammlung von 200 Ver- 
tretern von Semstwos und Städten protestiert gegen die Willkür 
der Verwaltung und verwirft den Entwurf der Reichsduma. — 
Die Versammlung war vergeblich von der Regierung verboten 
worden. 
23. Juli. (Nischny Nowgorod.) Der Pöbel verübt große 
Plünderungen. 
23./24. Juli. Der Zar und der Deutsche Kaiser haben eine 
Zusammenkunft bei Bjoerkoe in den Schaeren. Sie statten sich
	        
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