276 Ruland. (August 22.—29.)
Anfang einer Entwickelung bilde und tadeln, daß sie nichts über
die Preßfreiheit enthalte.
August. (Ostseeprovinzen.) In Livland und vor allem
in Kurland erheben sich die ländlichen Arbeiter und die kleinen
Bauern gegen die Großgrundbesitzer. Der Gouverneur ergreift keine
Maßregeln, um, wie behauptet wird, sich hierdurch persönliche
Sicherheit zu erkaufen.
22. August. (Warschau.) Infolge eines Generalstreiks und
neuer großer Unruhen wird über ganz Polen der Kriegszustand
verhängt.
August. Der Notstand nimmt großen Umfang an. In den
Gouvernements Saratow, Samara, Tambow, Rjäsan, Woronesch,
Tula, Pensa, Simbirsk, Orel ist der Biehstand gefährdet.
25. August. (Libau.) Das Kriegsgericht verurteilt wegen
Meuterei 8 Matrosen zum Tode, 19 zu mehrjähriger Zwangsarbeit
und 35 zu leichteren Strafen.
27. August. Ein kaiserlicher Ukas veröffentlicht neue provi-
sorische Reglements für die Hochschulen.
Danach wird in Zukunft der Rektor von den Dekanen und der
Fakultätssekretär von der Fakultät gewählt. Die Wahlen haben vor Beginn
des Schuljahres stattzufinden. Die Aufrechterhaltung der Ordnung und des
regelmäßigen Ganges des Unterrichts liegt dem Rate der Dekane ob, der
auch bei Ordnungsstörungen die Aussetzung des Unterrichts zu beantragen
hat. Die Schlichtung von Zwistigkeiten, welche die Studenten betreffen,
wird einem aus Professoren gebildeten Disziplinarrate übertragen.
29. August. Einigung über die Friedensbedingungen. (Vgl.
Nordamerika.) Die Regierung veröffentlicht über die Verhand-
lungen:
Ende Mai des laufenden Jahres geruhte der Kaiser, den Vorschlag
des Präsidenten der Vereinigten Staaten anzunehmen, betreffend die
Zusammenkunft russischer und japanischer Bevollmächtigter zu dem Zwecke,
die Frage klarzustellen, inwieweit es für die beiden Mächte möglich wäre,
sich über die Friedensbedingungen zu einigen. Diese wichtige Mission wurde
vom Kaiser den Präsidenten des Ministerkomitees Staatssekretär v. Witte
und dem russischen Botschafter in Washington Baron Rosen übertragen,
welche weitgehende Vollmachten empfingen, kraft deren sie in der Lage sein
sollten, falls die japanischen Vorschläge annehmbar wären, zu dem Abschluß
des Friedensvertrages nach erzielter beiderseitiger Einigung zu schreiten.
Die Verhandlungen sollten auf amerikanischem Gebiete geführt werden.
Die erste Zusammenkunft der Bevollmächtigten der beiden kriegführenden
Parteien fand in Oysterbay am 25. Juli (7. August n. St.) statt. Die
Konferenzen in Portsmouth wurden am 27. Juli (9. August n. St.) er-
öffnet. In der zweiten Sitzung überreichten die japanischen Deligierten die
in Tokio ausgearbeiteten Friedensbedingungen. In Anbetracht dessen, daß
mehrere dieser Bedingungen auf Grund der den russischen Delegierten er-