Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 25. —30.) 21
 
   25. Januar. Das Preußische Abgeordnetenhaus be— 
willigt zwei Millionen Mark für die innere Kolonisation in Ost- 
preußen und Pommern. 
           25./26. Januar. (Reichstag.) Postetat. 
            In der Diskussion greifen Polen und Zentrum die Übersetzungs- 
stelle in Posen an, die die Beförderung verzögern. Die Regierung und 
die Nationalliberalen weisen die Beschwerden ab. Eine Aufforderung des 
Abg. Böckler (Antis.), die Zahl der weiblichen Angestellten im Tele- 
graphendienst zu beschränken, lehnt Staatssekretär Krätke ab. Zum Schluß 
werden einige Resolutionen genehmigt, die eine Ermäßigung der Fern- 
sprechgebühren während bestimmter Stunden für die gemeinnützigen Arbeits- 
nachweise, die Ausdehnung der Sonntagsruhe, die weitere Beschränkung 
der Maximalarbeitszeit und die Aufnahme einer Statistik über die Arbeits- 
verhältnisse der deutschen Postbeamten im Auslande fordern. 
            27. Januar. (Preußen.) Auszeichnung der Eisenbahner. 
Folgender kgl. Erlaß wird veröffentlicht: In Anerkennung der hohen 
Bedeutung der Staatseisenbahnverwaltung für das gesamte Staats- und 
Verkehrsleben und zum Ansporn fernerer treuer Pflichterfüllung will Ich 
den Bediensteten der Staatseisenbahnverwaltung für vorwurfsfreie 25- und 
40jährige Gesamtdienstzeit ein Erinnerungszeichen nach den beiliegenden 
Bestimmungen verleihen. Die Abzeichen sind nach den von Mir entwor- 
fenen Handzeichnungen anzufertigen. Der Minister der öffentlichen Ar- 
beiten hat hiernach das weitere zu veranlassen. 
              30. Januar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) An- 
kündigung einer Novelle zum Berggesetz. Untersuchung im Ruhr- 
revier. 
            Abg. Stötzel (Z.) beantragt Einsetzung einer Kommission zur Unter- 
suchung der Arbeiterverhältnisse im Kohlenbergbau und auf schleunigste 
Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Beseitigung der festgestellten Miß- 
stände. Abg. Bachmann (nl.) beantragt Bildung einer Kommission zur 
untersuchung der Arbeiterverhältnisse im gesamten preußischen Kohlen- 
ergbau. 
             Handelsminister Möller: Unmittelbar nachdem der Antrag, der 
heute zur Beratung steht, eingebracht war, ist die Staatsregierung in der 
Lage gewesen, zu erklären, daß sie im Begriff steht, eine Novelle zum 
Berggesetz auszuarbeiten, die die wesentlichen Punkte der Beschwerden der 
Bergleute gesetzlich regeln will, nachdem sich herausgestellt hat, daß auf 
dem Verhandlungswege nichts zu erreichen war. Es sind das keine neuen 
Punkte, sondern alte, im wesentlichen bereits 1889 erörterte. Ich kann die 
Erklärung hinzufügen, daß wir aufs äußerste bestrebt sein werden, diese 
Vorlage schleunigst vorzulegen, und daß ich ermächtigt bin, zu erklären, 
daß das einstimmiger Beschluß des Staatsministeriums ist. Ich bitte, nicht 
über das Maß der notwendigen Vorsicht hinauszudrängen, den Gesetz- 
entwurf schleuniger festzustellen, als bis eine gründliche Erwägung über 
alle einzelnen Fragen stattgefunden hat. Ich hoffe aber, die bestimmte 
Zusage Ihnen machen zu können, daß wenige Wochen genügen werden, 
um die Gesetzesvorlage einzubringen. Danach dürfte es sich vielleicht er- 
übrigen, heute in die Verhandlung über die beiden Anträge einzutreten. 
Ich halte eine parlamentarische Erörterung über diese Frage, nachdem eine 
solche hier und im Reichstage stattgefunden hat, nicht mehr für nützlich
	        
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