Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

300 NRerd·-Amerika. (November 9. — Dezember 4.) 
9./20. November. (New-Nork.) Besuch eines britischen Ge- 
schwaders unter dem Prinzen von Battenberg. Ein Teil der Preffe 
und des Publikums zeigt Abneigung gegen den Besuch. 
29. November. Der deutsche Botschafter kündigt das deutsch- 
amerikanische Handelsabkommen vom 10. Juli 1900 zum 1. März 
1906. 
4. Dezember. (Washington.) Der Kongreß wird eröffnet. 
Botschaft des Präsidenten Roosevelt über die Wirtschaftspolitik, 
Trusts, Versicherungswesen, Finanzen, Monroedoktrin. 
Die wirtschaftliche Lage sei sehr günstig. Hinsichtlich der wirtschaft- 
lichen Korporationen müsse durchaus anerkannt werden, daß sie in einem 
Lande wie Amerika ungeheuer viel Gutes geleistet. Jede sollte deshalb 
begünstigt werden, solange sie Gutes wirkt, aber scharf angefaßt werden, 
sobald sie gegen Gesetz und Gerechtigkeit handelt. Die die Korporationen 
betreffende Gesetzgebung dürfe nicht von den einzelnen Staaten, sondern 
müsse von der nationalen Regierung ausgehen. Er — der Präsident — 
glaube, daß eine Regelung ihrer Verhältnisse und die Aufsicht über dieselben 
durch einen Gesetzgebungsakt des Kongresses erreicht werden könne. Wenn 
das sich aber als unmöglich erweisen sollte, so würde es nötig sein, daß der 
nationalen Regierung weitestgehende Vollmacht durch eine entsprechende 
Aenderung der Verfassung erteilt werde. Von den Mißbräuchen, die bei 
den Korporationen vorkämen, sei vielleicht der hauptsächlichste, wenn auch 
sicherlich nicht der einzige, die Ueberkapitalisierung, die gewöhnlich das 
Resultat unredlichen Vorgehens ist. Das erste, was geschehen müsse, sei, 
wie schon in der Botschaft vom letzten 6. Dezember ausgeführt, eine gesetz- 
liche Regelung einer wirksamen Aufsicht der Zentralregierung über die 
Transportgesellschaften, welche ihren Betrieb über mehrere Einzelstaaten 
erstrecken. Am besten würde der Kongreß diese Aufsicht einer administrativen 
Behörde übertragen, welche über die Höhe der Raten zu entscheiden und 
einen Minimal= und einen Maximaltarif festzusetzen hätte. Schwere Strafen 
müßten auf die Umgehung dieser Vorschriften gesetzt werden. Ferner sei 
eine Beaufsichtigung der Rechnungsführung der Eisenbahnen ins Leben zu 
rufen, ähnlich der bestehenden Aufsicht über die Nationalbanken. Nach 
einigen Andeutungen über wünschenswerte soziale Maßregeln zum Schutze 
von Arbeitern sowie Frauen und Kindern in der Industrie geht die Bot- 
schaft auf das Versicherungswesen über. Hier hätten die neuesten Ereignisse 
gezeigt, daß unter manchen führenden Personen sehr fragliche Ehrbegriffe 
herrschten und daß gegen deren Gebaren das Publikum durch eine ange- 
messene Aufsicht seitens der Nationalregierung in Schutz zu nehmen sei; 
denn der Einzelstaat sei unfähig, diese Aufsicht über eine Gesellschaft zu 
führen, die nach den Gesetzen eines anderen Staates gegründet sei und den 
größeren Teil ihrer Geschäfte in anderen Staaten betreibe. Uebergehend 
auf die Finanzlage des Landes sagt der Präsident: Wenn unsere Ausgaben 
nicht innerhalb der Grenzen unserer Einnahmen gehalten werden können, 
müssen die Gesetze, welche die Einnahmen festsetzen, geändert werden. Doch 
ist diese Angelegenheit noch nicht spruchreif. Es sollte in Erwägung gezogen 
werden, ob es nicht wünschenswert wäre, daß die Zollgesetzgebung die An- 
wendung von Maximal-- und Minimaltarifen gegen oder zugunsten von 
anderen Nationen gestattet, um eine gewisse Gegenseitigkeit der Behandlung 
zwischen anderen Nationen und uns zu ermöglichen. In Hinsicht auf weitere 
als rein wirtschaftliche Rücksichten würde es wünschenswert sein, engere
	        
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