Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

318 Mebersicht der pelitischen Entwicelunz des Jahres 1905. 
schiffe wurden genommen oder zum Sinken gebracht, nur einige 
Kreuzer und Torpedos retteten sich nach Wladiwostok oder in neu- 
trale Häfen, die Japaner büßten drei Torpedoboote ein. Roschdest- 
wenski selbst geriet schwer verwundet in Gefangenschaft; an Mann- 
schaften verloren die Russen mehrere tausend tot und verwundet, 
die Japaner nur 537 Mann. Mehrere Umstände haben zusammen- 
gewirkt, um dieses Resultat herbeizuführen. Die Japaner waren 
artilleristisch überlegen, sie erzielten auf Entfernungen Treffer, wo 
die Russen das Feuer nicht erwidern konnten, auch die japanischen 
Schiffe werden in besserem Zustande als die russischen gewesen sein. 
Vor allem war die japanische Mannschaft der russischen qualitativ 
weit überlegen. Jeder Japaner wußte, daß jetzt das Heil des 
Vaterlandes auf dem Spiele stehe, daß Sieg und Niederlage zu- 
gleich über die Landarmee und die so heiß erstrebte Großmachtspolitik 
entscheide; die russischen Seeleute hatten, wie die ganze Nation, 
nur geringes Interesse am Kampf und waren zum Teil aus un- 
disziplinierten Elementen zusammengesetzt und wenig geneigt, das 
Außerste zu leisten. Daher haben sie anscheinend schneller als not- 
wendig den Widerstand aufgegeben, sobald sie einmal die über- 
legenheit der japanischen Artillerie erkannt hatten. Auch vielen 
Offizieren und dem Admiral Nebogatow werden schwere Vorwürfe 
gemacht, indessen steht eine unparteiische Untersuchung noch aus. 
Der Sieg sicherte den Japanern definitiv die Überlegenheit 
zur See, und damit war die Möglichkeit einer völligen Verdrängung 
vom ostasiatischen Festlande selbst bei einer Niederlage Oyamas 
abgewendet. Sogleich schickten sie sich an, die frei gewordene Flotte 
zu neuen Eroberungen zu verwenden; Wladiwostok wurde blockiert, 
auf der Insel Sachalin im Süden eine Landung unternommen 
und die schwache russische Besatzung ohne Mühe nach Norden ver- 
trieben. Aber auf dem Hauptkriegsschauplatze in der Mandschurei 
blieben die Dinge aus den angeführten Ursachen in der Schwebe; 
jede Partei fühlte sich unfähig, etwas Entscheidendes zu wagen und 
suchte die Kräfte des Gegners durch Ausdauer zu erschöpfen. Der 
Krieg konnte sich somit noch unabsehbar hinziehen. Die Lösung 
aus dieser Spannung hat auswärtige Vermittelung gebracht. Alle 
Mächte hatten mit Rücksicht auf den ostafiatischen Handel großes
	        
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