Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder (Februar 4.) 35
Modifikation gegen die Freisinnigen und Polen genehmigt: Auf den im
Interesse der Schiffahrt regulierten Flüssen sind Schiffahrtsabgaben zu er-
heben. Die Abgaben sind so zu bemessen, daß ihr Betrag eine angemessene
Verzinsung und Tilgung derjenigen Aufwendungen ermöglicht, die der
Staat zur Verbesserung oder Vertiefung jedes dieser Flüsse über das natür-
liche Maß hinaus im Interesse der Schiffahrt gemacht hat. Die Erhebung
dieser Abgaben hat spätestens mit Inbetriebsetzung des Rhein-Weser-Kanals
oder eines Teiles desselben zu beginnen.
Am 7. Februar wird der § 1 der Kanalvorlage mit 256 gegen
132 Stimmen angenommen. Dagegen stimmen die Polen, die meisten
Konservativen und Freikonservativen, einige vom Zentrum. Hierauf wer-
den die übrigen Teile der Vorlagen angenommen. In der Diskussion
kommt es zu scharfen Kämpfen zwischen Führern des Bundes der Land-
wirte und dem Finanzminister.
Am 8. Februar werden die Vorlagen nach kurzer Beratung in
dritter Beratung angenommen mit 244 gegen 146 Stimmen. — Von den
Konservativen stimmen mit ja: v. Arnim--Züsedom, Dr. Beckmann, v. Böhlen-
dorff-Kölpin, Bosse, v. Bredow, v. Bülow-Bothkamp, v. Bülow--Homburg,
v. Ditfurth, Frhr. v. Dobeneck, v. Eichel, Dr. Frhr. v. Erffa, Felisch, Firzlaff,
Hammer, v. Heimburg, Henning, v. Heyden, v. Heyking, Dr. Irmer, v. Kö-
lichen, Krause-Dawillen, Dr. Kropatschek, v. Leipziger, Frhr. v. Marenholtz,
v. Negelein, v. Neumann-Großenborau, v. Pappenheim, Frhr. zu Putliz
v. Saldern-Plattenburg, Spilgies, Strosser-Breslau, v. Beltheim-Schönsließ,
v. Waldow-Mehrenthin, Graf v. Wartensleben-Rogäsen, Graf v. Wartens-
leben-Schwirsen und Frhr. v. Willisen; von den Freikonservativen: Brütt,
v. Bülow-Bossee, v. Christen, v. Conrad, v. Dewitz-Oldenburg, Dr. v. Dirk-
sen, Dr. Graf Douglas, Eckert, Dr. Iderhoff, Ißmer, v. Kardorff, Klemm,
Krause-Waldenburg, Kriege-Bentheim, Kröner, Löscher, Lückhoff, Pauli,
Paulsen, Riesch, Rzesnitzek, Schmidt-Nakel, Schmidt-Rawitsch, Dr. Stock-
mann-Segeberg, Stubbendorff, Viereck, Vorster, Dr. Wagner, Dr. v. Woyna,
Frhr. v. Zedlitz. Von den Freisinnigen stimmen mit nein: Aronfohn, Bilell,
Cassel, Fischbeck, Gyßling, Kopsch, Rosenow, Schmidt-Hagen, Schmidt-Halle,
Dr. Wiemer und Dr. Zwick; von den Nationalliberalen Gleim und Kra-
winkel; vom Zentrum: Rören, Graf Spee, Knie, Fritzen, v. Strombeck,
Breuer und Reinhard; die Polen geschlossen und die Fraktionslosen Kölle,
Lattmann, Werner, Dr. Hahn, Hanssen, Nielsen. Von den Fraktionslosen
stimmen dafür: Schoof und v. Schubert.
4. Februar. (Reichstag.) Antrag auf freie Religions-
übung.
Das Zentrum bringt den im Jahre 1900—1902 beratenen Toleranz-
antrag wieder ein. Der erste Teil (Jahrg. 1901 S. 94) ist bereits vom
Reichstag angenommen. Der zweite Teil lautet: II. Religionsfreiheit der
Religionsgemeinschaften. § 5. Religionsgemeinschaften, welche in einem der
Bundesstaaten vom Staate anerkannt sind (anerkannten Religionsgemein-
schaften) steht innerhalb des Reichsgebietes die freie und öffentliche Aus-
übung ihres Kultus zu. Dieselben sind insbesondere befugt, überall im
Deutschen Reiche ohne staatliche oder kommunale Genehmigung Gottes-
dienste abzuhalten, Kirchengebäude mit Türmen zu erbauen und auf den-
selben Glocken anzubringen. Ihre Religionsdiener dürfen die Religions-=
handlungen bei allen Mitgliedern der Religionsgemeinschaft ausüben.
§ 6. Der Verkehr der anerkannten Religionsgemeinschaften mit ihren Oberen
ist ungehindert. Vorschriften und Anordnungen einer anerkannten Religions-
gemeinschaft, welche sich auf die Religionsübung beziehen, bedürfen zu
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