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Oeslerrelch.
zum Nachtheil des ersteren den Begriff einer unabhängigen internationalen
Existenz fast völlig auf, und in dem Prager Tractate konnte daher, nachdem
ihm die Verliner Bündnisse vorausgegangen waren, die Bestimmung, daß ein
süddeutscher Staatenverein in völkerrechtlicher Unabhängigkeit bestehen werde,
nicht mehr mit Jug eine Stelle finden. Die vorstehenden Bemerkungen be-
zeichnen Ew. den Standpunkt, welchen wir gegenüber den preußisch-süddeut-
schen Allianzverträgen einnehmen. Wir sormuliren= keinen Protest, und wir
ziehen aus der Sachlage keine Consequenzen, aber wir können nicht ein-
räumen, daß zwischen den Bedingungen unseres Friedensvertrages mit Preußen
und dem Zustande, den die mehrerwähnten Bündnisse geschaffen, eine wahre
Uebereinstimmung obwalte. Wir haben keinen Grund, unsere Ansicht zu
verschweigen, aber wir beabsichtigen nicht, unfruchtbare Discussionen zu ver-
anlassen, die unserem aufrichtigen Wunsche freundlicher und ersprießlicher
Beziehungen zu Preußen und den übrigen dentschen Staaten Eintrag thun
könnten. Von dem Geiste dieser Betrachtungen wollen Ew. sich durchdringen,
so ost Sie in dem Falle sein werden, den Gegenstand, von welchem ich
spreche, in Ihren vertraulichen Unterredungen zu berühren. Auch habe ich
kein Vedenken dagegen, daß Ew. von gegenwärtigem Erlasse durch Vorlesen
Kenntniß geben.“ · . « ,
Eine weitere Depesche Beust's vom gleichen Tage an denselben
über die Bestimmung des Prager Friedens bezüglich Nordschleswig
bezeugt, daß Oesterreich auch dießfalls nicht gewillt sei, Preußen
Schwierigkeiten zu bereiten:
Die betreffende Stipulation sei ohne Oesterreichs Zuthun in den Vertrag
gekommen und lasse dasselbe als Sachwalter für ein Interesse erscheinen, zu
dessen Vertretung es sich sonst nicht berufen finden würde. „Wenn nun die
preußische Regierung gewünscht hat, Zeit und Gelegenheit für die Ausführung
jenes Paragraphs Whlen zu können, so ist sie von uns nicht beengt worden,
wiewohl uns von anderer Seite her begreiflicherweise schon mancher Aus-
druck des Bedauerns über die Zögerung nahegetreten ist.“ Dem Wunsche,
die Einmischung Drikter fernzuhalten, schliehe Oesterreich sich vollkommen an;
eben deßhalb aber halte es sich verpflichtet, ganz vertraulich, nicht durch einen
förmlicheren Schritt darauf hinzuweisen, daß bei längerem Offenhalten der
Frage jener Zweck leicht versehlt werden könne.
28. März. (Krain). Landtagswahlen: Die deutsche Partei unterliegt
30.
und die slovenische erringt, mit Ausnahme des Großgrundbesitzes,
neuerdings einen vollständigen Sieg.
„ (Ungarn). Ein Erlaß des Finanzministers an die unter ihm
stehenden Landeshauptkassen weist dieselben an „vom Erhalt dieser
Verordnung angefangen, keinerlei Geldsendungen an die Wiener
k. k. Centralstaatskasse ohne seine Erlaubniß und ohne sein Gut-
heißen abzuführen.“ Anderseits zeigt das ungarische Ministerium
dem k. k. Generalcommando in Ofen an, daß es sämmtliche Be-
hörden angewiesen habe, dienstlich mit demselben ausschließlich in
deutscher Sprache zu verkehren.
3. April. (Ungarn). Landtag: Das Oberhaus nimmt das 67er Ela-
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borat bez. der gemeinsamen Angelegenheiten einstimmig an.
„ (Böhmen, Mähren, Krain). Die Regierung ernennt zu
Oberstlandmarschällen und Landeshauptleuten entschieden verfassungs-
treue Männer.