44 Ns Veutsche Reich und seine einzelnen Slieder. (Febr. 20. 21. /3. März.)
Königreich zu Unruhen aufreizt, der tritt gegen seine eigene Nation auf.
Mag die Quelle einer solchen Handlungsweise Gewissenloftgkeit oder sträf-
licher Leichtsinn und Mangel an Verantwortlichkeitsbewußtsein sein — das
strenge Urteil der ganzen maßgebenden polnischen öffentlichen Meinung
bleibt in dieser Beziehung unverändert.
20. Februar. (Reichstag.) Zweite Beratung der Handels-
verträge.
Bei der Beratung des österreichisch-ungarischen Handelsvertrags
fragt Abg. Heim (3.), ob die fremden Regierungen die deutschen Zoll-
erhöhungen für Getreide nicht durch Exportprämien und ähnliche Maß-
regeln illusorisch machen könnten. Staatssekretär Graf Posadowsky:
Solchen Versuchen würde Deutschland sofort begegnen können. Auf eine
Beschwerde des Abg. Gothein (fr. VgP.), daß die Bürsten- und Pinsel-
industrie so geschädigt sei, daß sie ins Ausland gehen müsse, erwidert der
Staatssekretär, gerade vom Verband der Pinsel- und Bürstenindustriellen
sei der Regierung Dank für die Wahrnehmung seiner Interessen aus-
gesprochen worden. — Der Vertrag wird mit 192 gegen 53 Stimmen an-
genommen.
Bei Beratung des russischen Handelsvertrags bemängelt Abg.
Dr. Potthoff (fr. Vg.), daß das dem Reichstag unterbreitete Material
nicht ausreichend sei. Abg. Dr. Eickhoff (fr. Vg.) beklagt, daß die Klein-
eisenindustrie geschädigt sei. — Der Vertrag wird mit 198 gegen 61 Stim-
men angenommen.
Der Vertrag mit Italien wird nach kurzer Debatte ohne nament-
liche Abstimmung genehmigt, ebenso der Vertrag mit Belgien, den Abg.
Potthoff (fr. Vg.) für eine Verbesserung des bisherigen Zustandes erklärt.
Der Vertrag mit der Schweiz wird nach kurzer, die mit Rumänien und
Serbien ohne Debatte angenommen.
21. Februnr. Der Reichstag genehmigt einen Antrag
Paasche (nl.) auf Errichtung eines Reichsarbeitsamtes.
21. Februar'3S. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.)
Zweite Beratung des Kultusetats. — Gymnasiasten und Kongre-
gationen; akademische Freiheit; polnischer Unterricht; Schulkompro=
miß; Bekämpfung der Sozialdemokratie.
Abg. Friedberg (nl.) tadelt, daß in Essen Gymnasiasten gestattet
sei, an den Uebungen der Marianischen Kongregationen teilzunehmen. Da
diese Uebungen nicht vom Religionslehrer des Gymnasiums vorgenommen
würden, so stehe die Erlaubnis im Widerspruch mit den Erklärungen des
Ministers vom vorigen Jahre. Wie stehe es um die Aufrechterhaltung der
akademischen Freiheit? In Hannover scheine es zu einem Streik der Stu-
denten zu kommen. Kultusminister Studt: Die Essener Gymnasiasten
seien nicht Mitglieder der Kongregationen, sondern nur Hospitanten bei
ihren Uebungen. Die Zulassung der Kongregationen im vorigen Jahr
* viele heimliche beseitigt und so segensreich gewirkt. (Heftiger Wider-
pruch links.) Ministerialdirektor Dr. Althoff wendet sich scharf gegen
den Abg. Friedberg, der den Willen der Regierung, die akademische Frei-
heit zu schützen, mit Unrecht bezweifelt habe. — Abg. Kopsch (fr. Vg.)
fordert ein Schulunterhaltungsgesetz und Fachaufsicht, aber ohne Verquickung
mit der Konfessionalität. Kultusminister Studt: Ein Gesetz über die
Schulunterhaltung komme in der nächsten Session, auf die geistliche Orts-