Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Das Benische Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 25. 26.) 119 
urlaubt, es fehlten 10. Von den freisinnigen Gruppen stimmten 13 zu, 
1 dagegen; beurlaubt waren 7, gefehlt haben 12, 1 Freisinniger enthielt 
sich der Abstimmung. 10 Antisemiten stimmten für die Forderung, 1 da- 
gegen; 1 sehlte und 8 waren — größtenteils zur Beerdigung des Abg. 
Grafen Reventlow — beurlaubt; 2 enthielten sich der Stimme. Die 
5 Elsässer, die anwesend waren, stimmten mit ja, 6 fehlten. Vom Zen- 
trum stimmten 8 mit ja, 65 mit nein, 6 enthielten sich; gefehlt haben 17, 
beurlaubt waren 4. Die Polen warfen 5 Nein-Stimmen in die Urne; 
beurlaubt war 1, gefehlt haben 9. 3 Welfen stimmten mit nein; 1 war 
beurlaubt, 2 fehlten. Die Sozialdemokraten endlich gaben 66 Nein-Stimmen 
ab; 9 Genossen fehlten und 3 waren beurlaubt. 
25. Mai. Das Preußische Herrenhaus genehmigt die 
Novellen zum Wahlgesetz des Abgeordnetenhauses. Die meisten 
Redner erwarten davon eine Stärkung des geltenden Wahlrechts 
und Verhinderung einer Einführung des Reichstagswahlrechts. 
26. Mai. Der Reichstag genehmigt die Vorlage, die Regie- 
rung zur Vertagung bis zum 13. November zu ermächtigen, sowie 
den Handelsvertrag mit Schweden. 
26. Mai. (Reichstag.) Fortführung der Bahn Lüderitzbucht- 
Kubub nach Keetmanshoop; Entschädigung der Ansiedler. 
Die Kommission beantragt, die Forderungen abzulehnen. 
Stellvertretender Kolonialdirektor Erbprinz Hohenlohe: Die Kom- 
mission ist zu der Ablehnung der Forderungen gekommen in der Meinung, 
daß man den Süden der Kolonie aufgeben und sich auf den Norden und 
die Mitte konzentrieren sollte. Ich halte das für unmöglich. Denn wenn 
wir den Süden mit seinen Hottentottenräuberbanden von Truppen ganz 
entblößen, so schaffen wir einen neuen Herd für Unruhen, der uns und 
den Nachbarländern gefährlich werden kann. Gerade Grenzgebiete erfordern 
besondere Aufmerksamkeit. Die Grenzschwierigkeiten, die wir jetzt im Süden 
zu überwinden haben, würden sich bald auf den Norden übertragen. Wir 
dürfen daher die Hand nicht von dem Süden lassen; wir müssen dort etwa 
1000 Mann halten. Die Kosten und die Schwierigkeiten ihrer Erhaltung, 
die allerdings sehr groß sind, würden sich aber erheblich vermindern durch 
die Fortführung der Bahn von Kubub nach Keetmanshoop. pIch möchte 
aber doch betonen, daß die Bahn nicht lediglich militärische Bedeutung hat, 
sondern auch wirtschaftliche; denn die Strecke führt in ein Gebiet, das von 
Weißen bereits besiedelt war. Wenn es in den Berichten heißt, jetzt seien 
dort nur Ruinen und Trümmerfelder, so zeigt das, welchen Schaden der 
Aufstand angerichtet hat. Aber die Farmer sind zum Teil noch im Lande 
und werden sich dort wieder seßhaft machen. In achtzehn Monaten könnte 
die Bahn so weit hergestellt sein, daß sie den militärischen Zwecken genügt. 
Abg. Arendt (RuP.): Die Ablehnung würde eine Scheinsparsamkeit 
sein; der Bau würde die Truppen billiger ernähren lassen und die An- 
siedelung befördern. Oberst v. Deimling betont die militärische Not- 
wendigkeit der Bahn, da im Süden immer eine starke Truppe unterhalten 
müsse. „Solange ich die Ehre habe, das Kommando draußen zu führen, 
wird der Süden nicht aufgegeben (Großer Lärm links und Lachen bei den 
Sozialdemokraten), es sei denn, daß Seine Majestät der Kaiser es wünscht, 
der allein darüber zu bestimmen hat und sonst niemand. (Großer Lärm 
links.) Wenn es feststeht, daß nach Beendigung des Krieges eine starke
	        
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