Das Denische Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 8. —14. 127
8. Juni. Die Bayerische Abgeordnetenkammer geneh-
migt 3830000 Mark für Dienstalterszulagen für Volksschullehrer
und überweist mehrere Petitionen um Erhöhung der Alterszulagen
der Regierung zur Würdigung.
11. Juni. (Württemberg.) Der Kriegsminister General
v. Schnürlen tritt zurück. Sein Nachfolger wird Generalleutnant
v. Marchtaler.
11.15. Juni. (Baden.) Kultusdebatte in der Zweiten Kammer.
Abg. Obkircher (ul.) wirft in einer Interpellation den katholischen
Geistlichen Amtsmißbrauch in der Wahlagitation vor und fordert Ein-
schreiten der Regierung. Staatsminister v. Dusch: Die Regierung habe
über die Geistlichen keine Disziplinargewalt; sie könne dieselben nicht hin-
dern, sich politisch zu betätigen, es sei aber nicht wünschenswert, daß dies
in solcher Weise wie in den letzten Jahren geschehe. Die Regierung habe
sich im Interesse der Kirche daher schon nach den letzten Reichstagswahlen
an die Kurie um Abhilfe gewendet und die Anwendung des Kirchengesetzes
in Aussicht gestellt, aber ohne Erfolg. Nach den Landtagswahlen habe
die Regierung ihre Schritte wiederholt, auch das Material über Einzel-
fälle der Kurie mitgeteilt und die Strafverfolgung von Geistlichen in ein-
zelnen Fällen veranlaßt; sie hoffe, daß die Kirchenbehörde dem Amtsmiß-
brauch doch noch steuern werde. — Ein Antrag des Zentrums auf Aende-
rung des badischen Kirchengesetzes wird, nachdem sich die Regierung da-
gegen erklärt hat, gegen die Stimmen des Zentrums an eine Kommission
verwiesen. — Ein Antrag der Sozialdemokraten auf Trennung von Kirche
und Staat wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Demo-
kraten abgelehnt.
12. Juni. Reichstagswahl in Oberschlesien. Polenfrage.
Bei der Ersatzwahl in Tarnowitz-Beuthen erhält Redakteur Napie-
ralski (Pole) 28264 Stimmen, Muschallik (Z.) 8861, Bergrat Remy (deutsch-
national) 7879, Arbeitersekretär Scholtyssek (Soz.) 6903 Stimmen. 1903
hatte ein Zentrumskandidat in der Stichwahl mit 28500 Stimmen ge-
siegt. — Die mittelparteilichen Blätter sehen im Abfall der polnischen
Bergleute vom Zentrum einen Beweis, daß die Polenpolitik des Zentrums
falsch sei; die Zentrumspresse sieht in der offiziellen Ostmarkpolitik die
Ursache für die Zunahme des oberschlesischen Polentums.
12./14. Juni. (Württemberg.) Die Zweite Kammer über
die Verfassungsreform.
Die Kammer beharrt entgegen den Beschlüssen der Kammer der
Standesherren mit 75 gegen 5 Stimmen auf der Zusatzwahl von 17 Ab-
geordneten auf dem Wege der Verhältniswahl. Der hierzu eingebrachte
Zentrumsantrag, die Verhältniswahl nicht im ganzen Lande, sondern nur
in vier Kreisen des Landes vorzunehmen, wird mit 63 gegen 17 Stimmen
abgelehnt. Im Namen der Regierung erklärt der Ministerpräsident, die
Regierung gebe schweren Herzens in der Frage der Zusatzwahlen auf dem
Wege der Verhältniswahl nach und sie tue es nur unter Vorbehalt der
Entscheidung bezüglich der Frage der Landes- oder Kreisverhältniswahl,
sowie bezüglich der Zahl der Zusatzabgeordneten. Das Recht des Königs
zur Ernennung erblicher Mitglieder der Ersten Kammer wird mit 60
gegen 7 Stimmen bei 16 Stimmenthaltungen abgelehnt. Die Wahl von