Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

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Landesversammlung sich gleichwohl der Ansicht nicht zu verschließen, daß 
eine längere, ungewisse Fortdauer des im Gesetze vom 16. Februar 1879 
vorgesehenen Provisoriums dem inneren Frieden und damit der Wohl- 
fahrt des Herzogtums nicht förderlich sein würde. Die Landesversamm- 
lung hält sich bei der Abgabe dieser Erklärung des Einverständnisses der 
Einwohnerschaft des Landes für versichert, die durchwegs von dem leb- 
haften Wunsche beseelt ist, baldigst eine endgültige Aenderung des Re- 
gierungsverhältnisses berbungellihr zu sehen. Die Erreichung dieses Zieles 
haben bisher die Gegensätze verhindert, welche zwischen der Krone Preußen 
und dem derzeitigen Hause, der jüngeren Linie des braunschweigischen 
Herzogshauses, deren Rechte in bezug auf den braunschweigischen Thron 
durch die neue Landtagsordnung gewährleistet werden, bestanden und im 
Beschlusse des Bundesrates vom 2. Juli 1885 zum Ausdruck gebracht sind. 
Es liegt der Landesversammlung fern, zu diesen Gegensätzen nach der einen 
oder anderen Richtung hin Stellung zu nehmen; daß sie verschwinden, 
liegt jedoch ohne Frage im Interesse des Herzogtums, und die Landesver- 
sammlung hält es daher für geboten und den gegenwärtigen Zeitpunkt für 
geeignet, daß nicht sofort zur Wahl eines Regenten geschritten, vielmehr 
zunächst an zuständiger Stelle der Versuch gemacht werde, auf eine Be- 
seitigung der vorgedachten Gegensätze zu wirken. Daß dabei die berech- 
tigten Interessen des Reiches einerseits und des Herzogtums andrerseits 
voll gewahrt bleiben müssen, ist selbstverständlich. Im Vertrauen auf den 
hochherzigen Sinn Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von 
Preußen und das Pflichtgefühl Sr. kgl. Hoheit des Herzogs von Cumber- 
land und zu Braunschweig und Lüneburg gegenüber dem berechtigten An- 
spruch des Landes auf baldige endgültige Entscheidung richtet daher die 
Landesversammlung an den hohen Regentschaftsrat den Antrag, den Reichs- 
kanzler als Vorsitzenden des Bundesrats zu ersuchen, die zur Beseitigung 
der bezeichneten Gegensätze geeigneten Schritte zu tun und zugleich diese 
Resolution zur Kenntnis der eigenen preußischen Staatsregierung und 
Sr. kgl. Hoheit des Herzogs von Cumberland und zu Braunschweig und 
Lüneburg zu bringen. 
In der Begründung führt der Vorsitzende der Kommission, Ober- 
bürgermeister Redemeyer aus: Dem Regentschaftsgesetz vom Jahre 1879 
habe man es zu danken, daß seinerzeit bei der Thronerledigung die Staats- 
maschine nicht ins Stocken geraten sei und daß dann das Land unter der 
Regierung des entschlafenen Regenten einundzwanzig glückliche Jahre ver- 
lebt und sich weiter entwickelt habe. Aber immerhin habe das Regent- 
schaftsgesetz nur ein Provisorium geschaffen, und an einem Provisorium 
habe man nicht lange Freude. Es sei deshalb erklärlich, daß der Wunsch 
auf Aenderung bestehe. Eine Regentschaft trage auch nicht zur Stärkung 
des monarchischen Prinzips bei, und es seien unter der Regentschaft im 
Herzogtum Parteibildungen entstanden, die nicht gerade für den inneren 
Frieden förderlich seien. Man habe zudem in dem kleinen Lande Gegen- 
sätze genug und müsse wünschen, daß die Gegensätze sobald als möglich 
verschwinden. Ferner habe der bei weitem größte Teil der Bewohner des 
Herzogtums den Wunsch, eine endgültige Regelung der Verhältnisse herbei- 
geführt zu sehen. Die staatsrechtliche Kommission sei der Ansicht, daß der 
Landtag die geeignete Stelle sei, die Regierung von der Stimmung des 
Volkes in Kenntnis zu setzen. Es habe zwar in den letzten Tagen in der 
deutschen Presse an mannigfachen Vorschlägen zu einer endgültigen Re- 
gelung nicht gefehlt, aber diese Vorschläge gingen nach der einen oder an- 
deren Seite zu weit. Man müsse sich lediglich auf den Boden des Ge- 
setzes stellen. Nach dem Gesetze aber stehe fest, daß die Rechte der jüngeren 
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