Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

174 Jas NVenische Reich und seine einfelnen Glieder. (Oktober 15. 19.) 
rechtlichen Kommission der Landesversammlung, soweit uns. bekannt, in 
vollem Einverständnis mit dieser, bei Begründung der Resolution besonders 
Mervorgehoben. daß auf die in dem Bundesratsbeschluß erwähnten An- 
prüche in unzweideutiger Weise verzichtet werden müsse, ehe die Thron- 
besteigung des Herzogs von Cumberland oder eines seiner Söhne im Herzog- 
tum erfolgen könne. Bei verschiedenen Anlässen hat sich schon die herzog- 
liche Landesregierung zu derselben Auffassung bekannt. Von einem solchen 
Verzicht des Herzogs von Cumberland für sich und seine Söhne enthalten 
aber die Aktenstücke nichts. Er ist auch nicht zu erwarten, da aus dem 
Schreiben des Herzogs von Cumberland hervorgeht, daß derselbe die von 
ihm in seinem Schreiben an den Kaiser abgegebene Erklärung betreffend 
einen eventuellen Verzicht auf Braunschweig als die Grenze seines Ent- 
gegenkommens ansieht. Zu unserem Bedauern müssen wir auf Grund vor- 
stehender Darlegungen konstatieren, daß zurzeit ein Ausgleich der in der 
Resolution der geehrten Landesversammlung erwähnten Gegensätze, welche 
zwischen der Krone Preußens und dem derzeitigen Haupte der jüngeren 
Linie des braunschweigischen Herzogshauses bestehen und im Beschluß des 
Bundesrates vom 2. Juli 1885 zum Ausdruck gebracht sind, nicht zu er- 
reichen ist, daß mithin der durch die Resolution der Landesversammlung 
eingeleitete Versuch, eine endgültige Ordnung der Regierungsverhältnisse 
auf einem gemeinschaftlich von der geehrten Landesversammlung und der 
herzoglichen Landesregierung beschrittenen Wege herbeizuführen, als er- 
gebnislos zu bezeichnen ist. Damit sind die Regierung und die Landes- 
vertretung vor die Frage gestellt, was weiter zur Regelung der Regierungs- 
verhältnisse im Herzogtum geschehen soll. Die Antwort gibt die Verfassung, 
insbesondere das Regentschaftsgesetz vom 16. Februar 1879. Die maß- 
gebenden Bestimmungen bieten zwar nicht die Möglichkeit, zurzeit eine 
endgültige Ordnung der Regierungsverhältnisse herbeizuführen. Die Für- 
sorge der gesetzgebenden Faktoren, welche in rechter Erkenntnis der dem 
Herzogtum gaehteden unsicheren Lage jene Gesetze schufen, ist es zu danken, 
daß die Fortführung einer verfassungsmäßigen Verwaltung des Herzog- 
tums bei der auch jetzt nicht behobenen Behinderung des erbberechtigten 
Thronfolgers, gesichert erscheint. Das hierzu gebotene verfassungsmäßige 
Mittel ist die Neuwahl eines Regenten auf Grund des Regentschaftsgesetzes 
vom 16. Februar 1879, insbesondere nach § 6 desselben. Nach dem ein- 
stimmigen Beschluß des Regentschaftsrates, dessen gleichfalls einstimmige 
Auffassung die Begründung dieser Vorlage entspricht, ersuchen wir die ge- 
ehrte Landesversammlung, ihr Einverständnis damit zu erklären, daß nun- 
mehr die Wahl eines Regenten nach Maßgabe des Gesetzes vom 16. Fe- 
bruar 1879, die provisorische Ordnung der Regierungsverhältnisse bei einer 
Thronerledigung betreffend, in die Wege geleitet werde. Braunschweig, den 
15. Oktober 1906. Das Herzoglich Braunschweigisch-Lüneburgische Staats- 
ministerium. v. Otto. 
15. Oktober. (Nürnberg.) Die bayerische Landesausstellung 
wird durch den Ministerpräsidenten Frhrn. v. Podewils geschlossen. 
15. Oktober. (Berlin.) Die sozialdemokratische Partei er- 
öffnet eine Arbeiterbildungsschule zur Heranbildung von Partei- 
agitatoren. 
19. Oktober. (Württemberg.) Die Kammer der Abgeord- 
neten genehmigt einen Antrag auf Untersuchung der Notlage der 
Weingärtner. 
  
 
	        
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