Das Beische Reich und seine einjelnen Glieder. (Okt. 23.—Nov. Anf.) 177
sollten. Das Ministerium stehe auf dem Standpunkte, daß ein unbedingter
Verzicht des Hauses Braunschweig auf Hannover notwendig sei, bevor an
eine Thronfolge in Braunschweig gedacht werden könne, und seit dreißig
und mehr Jahren hätten Landtag und Regierung in Braunschweig stets
auf diesem Standpunkte gestanden.
Hierauf wird der Passus über die Absendung der Abschriften ge-
strichen und der Antrag einstimmig angenommen.
Oktober. Die Presse über die braunschweigische Frage.
Die bürgerlichen Blätter außer denen des Zentrums sprechen fast
sämtlich ihre Genugtuung über den Verlauf der Angelegenheit und den
weiteren Ausschluß der Welfendynastie aus. Die welfische Partei fordert
in Versammlungen die Nachfolge des Herzogs von Cumberland als des
legitimen Thronerben. Die führenden Zentrumsorgane, „Germania“ und
„Kölnische Volkszeitung“ meinen, daß die Anerkennung der Reichsverfassung
auch ohne ausdrücklichen Verzicht auf Hannover zur Zulassung zum min-
desten des jüngsten Sohnes des Cumberländers genügen könne. Die „Braun-
schweiger Landeszeitung“ findet es „einfach unbegreiflich, daß der Herzog
nicht bessere Berater findet, die ihm dies vorher hätten vorstellen können,
um so unbegreiflicher, als er sich und seinem Sohn die Nachfolge wahren
will. Wir möchten indessen glauben, daß der Herzog, wenn er einmal A
sagt, nunmehr auch B sagen und um seines zweiten Sohnes, sowie seiner
sonstigen dynastischen Interessen willen einen ehrlichen und bedingungs-
losen Frieden zu machen sich entschließen müßte. Das ist er dem Lande
Braunschweig schuldig."“
23. Oktober. (Reichstagswahlen.)
Bei der Ersatzwahl im Wahlkreise Stade erhält Reeß 8 6612,
Ebert (Soz.) 6183, Klävemann (Bd. d. L.) 3490, Meding (Welfe) 1641,
Otto 3191 Stimmen. In der Stichwahl (1. November) erhält Reeß 13497,
Ebert 7149 Stimmen.
Bei der Ersatzwahl in Hadersleben-Sonderburg erhält Hanssen (Däne)
10315, Hahn 5115 Stimmen.
27. Oktober. (Preußen.) Ein Erlaß des Ministers der
öffentlichen Arbeiten sichert die Arbeiter vor willkürlicher Dienst-
entlassung.
27. Oktober. (Berlin.) Besprechung der Monroedoktrin in
der Univerfität.
Der Inhaber der neugegründeten Rooseveltprofessur für amerikanische
Geschichte und Verfassung, Professor Burgeß, hält in der Universität seine
Antrittsvorlesung, in der er die Monroedoktrin als veraltet und durch
Roosevelt als überwunden bezeichnet. — Der Kaiser wohnt der Vorlesung
bei und bringt nach Schluß der Vorlesung ein Hurra auf Roosevelt aus.
In der amerikanischen Presse wird zum Teil gegen die Kritik der
Monroedoktrin durch Burgeß protestiert.
30. Oktober. Der Hamburger Dampfer „Hermann“ geht
mit 23 Mann infolge einer Kollision unter.
Ende Oktober. Anfang November. Angriffe auf die Regie-
rung; Krisengerüchte.
Viele Blätter, besonders nationalliberale, polemisieren gegen das
„persönliche Regiment“; Abg. Bassermann (ul.) tadelt in einer öffentlichen
Europäischer Geschichtskalender. XVII. 12