Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Jas Denisqhe Reich und seine einzeluen GSlieder. (Nov. 28. / Dez. 4.) 205 
mit der Firma von Tippelskirch & Co. ist gelöst (Lebhafter Beifall), das 
Reich leistet der Firma keinerlei Entschädigung (Beifall), die Austräge, 
welche bereits erteilt waren, sind auf die Hälfte zurückgebracht worden. 
Der Vertrag mit dem Apotheker Kade ist gleichfalls in Verhandlung ge- 
nommen worden. In entgegenkommender Weise hat sich der Besitzer dazu 
bereit erklärt, in Verhandlungen einzutreten, wonach die Bestellpflicht des 
Reiches beschränkt werden soll auf pharmazeutische, hygienische und der 
Krankenpflege dienende Artikel. Es soll also weiter nichts bestellt werden, 
als was er nach der Natur seines Geschäfts als direkter Lieferant liefern 
kann. Bei dem großen Vertrauen, das den Lieferanten geschenkt werden 
muß, darf man an diesen Verträgen nur dann etwas ändern, wenn sich 
wirkliche Mißstände ergeben. Der Transportvertrag mit der Wörmann- 
linie ist zum 31. Dezember d. J. gekündigt. (Beifall.) Von da ab gehen 
die Verfrachtungen auf die Seetransportabteilung des Reichsmarineamts 
unter Führung der Kolonialabteilung über. Es kann also von einem 
Monopol für diese Firma nicht mehr die Rede sein. Die Reichsverwaltung 
hat zurzeit auch nicht die Absicht, mit dieser Firma einen neuen Vertrag 
abzuschließen. Bei allen diesen sogenannten Monopolverträgen hat man 
den Fehler gemacht, daß man ohne Begrenzung und ohne Uebersicht über 
die Entwicklung der Kolonien Anschaffungen machte, welche das Reich ab- 
zunehmen sich verpflichtet hatte. Es lag dem allerdings ein wirtschaftlich 
durchaus erklärlicher Gesichtspunkt zugrunde, nämlich durch Sicherung aus- 
reichender Beschäftigung diese Firmen zu Einrichtungen zu veranlassen, 
welche für das Reich und die Kolonien nützlich waren. Dadurch, daß man 
die Verhältnisse nicht vorausschauend übersah, sind zu große Quanten be- 
stellt worden, und die Preise, welche damals in Aussicht genommen waren 
und annehmbar waren, verloren durch diese erhebliche Erhöhung der Quanten 
an Räson, wodurch das Reich zu einer außerordentlich hohen Gewinn— 
zahlung an die Unternehmer gelangte. Diese Fehler lassen sich leicht ver- 
meiden und werden in Zukunft vermieden werden. Die Verträge, soweit 
sie nicht vergleichsweise haben gelöst werden können, wie der mit der Firma 
Tippelskirch, werden genau geprüft werden, und wenn es sich herausstellt, 
daß etwas zurückgefordert werden kann, wird es zurückgefordert werden. 
(Bravol) Der Vertrag wegen der Landung in Swakopmund und Lüderitz- 
bucht ist am 31. Dezember 1907 abgelaufen. Eine Möglichkeit, ihn jetzt 
zu lösen, besteht nicht, zumal das Reich nicht weiß, was es gegenwärtig 
an dessen Stelle zu setzen hätte. Die Landungsverhältnisse in diesen beiden 
Häfen setzen das allergenaueste und vorsichtigste Studium voraus. Es sind 
zweifellos in der Vergangenheit auch hier erhebliche Fehler gemacht worden, 
und erhebliche Mißerfolge sind die Folge gewesen. Es wird deshalb, um 
solche Fehler zu vermeiden, eines ganz besonders aufmerksamen Studiums 
bedürfen, und es ist deshalb seitens der verbündeten Regierungen auch ver- 
mieden worden, in den Etat für 1907 für den Hafen von Swakopmund 
eine Forderung einzustellen. Die Kolonialverwaltung muß anerkennen, daß 
es mit dem gegenwärtigen Zustand nicht weiter gehen kann, daß ein gründ- 
licher Wandel eintreten muß, und daß in Zukunft die Rechte dieses Hauses 
auf eine beschleunigte Vorlegung geprüfter Rechnungen strikter gewahrt 
werden müssen. (Beifall.) Es muß aber bei dieser Gelegenheit betont 
werden, daß bei diesen Verhältnissen die koloniale Zentralverwaltung im 
wesentlichen keine Schuld trifft. Das wird im Hohen Hause bezw. seiner 
Kommission in allen Einzelheiten nachgewiesen werden. Die Schwierig- 
keiten liegen in der Organisation. Aus dem Vorgetragenen werden Sie 
es begreifen können, daß es zurzeit nicht möglich ist, ein vollständig aus- 
gearbeitetes Programm vorzulegen. Es wird Ihnen jedoch recht sein,
	        
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