260 Pie ößerreichisch-ungarische Monarchie. (Juni 8.—10.)
der zu lösenden Aufgabe gewachsen. Diese Einigkeit ist jetzt die höchste
Pflicht aller. (Lebhafter Beifall.)
8. Juni. (Cisleithanien.) Herrenhaus. Ministerpräsident
Frhr. v. Beck betont die Notwendigkeit der Durchführung der Wahl-
reform und der Herbeiführung eines dauernden Verhältnisses zu
Ungarn ohne die ewigen Ausgleichskrisen.
9. Juni. (Wien.) Zusammentritt der Delegationen. Budget.
Die österreichische Delegation wählt den Prinzen Lobkowitz, die
ungarische den Fürsten Theodor Zichy zum Präsidenten. — Minister des
Auswärtigen Graf Goluchowski legt das gemeinsame Budget vor. Es
weist ein gesamtes Nettoerfordernis von 346720 362 Kronen auf, das ist
ein Plus von 4651471 Kronen gegenüber der Bewilligung von 1905.
Hiervon entfallen auf das Ministerium des Aeußern 12151 536 Kronen
(+ 500000), auf das Heer 299049261 Kr. (+ 2149866), von denen für
ein außerordentliches Erfordernis 1295790 Kr. bestimmt sind. Das Ge-
samterfordernis für Bosnien und die Herzegowina beträgt 7583 000 Kr.
wie 1905. Die Ueberschüsse aus den Zollgefällen werden mit 116 446 779 Kr.
(+ 1730050 gegen den Voranschlag von 1905) berechnet. Für das Heer
beansprucht das Kriegsministerium außerdem einen Teilbetrag von 49000000
Kronen als einmaliges außerordentliches Erfordernis zur Beschaffung von
neuem Feldartilleriematerial sowie zur Beschaffung neuer Ausrüstungs-
gegenstände. Für den ersteren Zweck sollen im Jahre 1906 20 Millionen
verwendet werden. Für die Marine beansprucht das Kriegsministerium
pro 1906 als einmaliges außerordentliches Erfordernis 26300000 Kr.
Im ordentlichen Erfordernis werden für bereits bewilligte Schiffsbauten
6970000 Kr., für die Erneuerung der Torpedoflottille 8820000 Kr. und
für Unterseeboote u. s. w. 1000000 Kr. beansprucht, im außerordentlichen
Erfordernis für Geschütze und Munition 7510000 Kr., für Hafenbauten
in Pola 2000000 Kr.
10. Juni. (Wien.) Der Kaiser empfängt die Delegationen
und erwidert auf die Ansprache der Präsidenten:
Die Versicherungen treuer Ergebenheit, die Sie an Mich gerichtet
haben, erfüllen Mich mit aufrichtiger Befriedigung, und Ich spreche Ihnen
dafür Meinen herzlichen Dank aus. Unsere Beziehungen zu allen aus-
wärtigen Staaten haben während des längeren Zeitraums, der seit der
letzten Tagung der Delegationen verflossen ist, ihren durchaus freundlichen
Charakter bewahrt. Mit tiefer Entrüstung hat Mich der ruchlose Anschlag
auf Ihre Majestäten den König und die Königin von Spanien erfüllt und
Ich danke der gütigen Vorsehung, die eine ernstere Gefahr von dem er-
lauchten jungen Paare abgewendet hat. Das vor mehr als einem Viertel-
jahrhundert abgeschlossene Bündnis mit dem Deutschen Reiche bewährt sich
vermöge seines defensiven und konservativen Gepräges heute wie zuvor
als eine wertvolle Friedensbürgschaft, deren Erhaltung und Pflege sich
unserer besonderen Sorgfalt erfreut. In dem Besuche, den Mir Seine
Majestät Kaiser Wilhelm vor wenigen Tagen abgestattet hat, ist unser
inniges Freundschaftsverhältnis neuerdings zutage getreten. Ebenso ver-
trauensvoll sind die Beziehungen zu unserem anderen Verbündeten, dem
Königreiche Italien, mit dem wir uns bezüglich der uns gemeinsam be-
rührenden Angelegenheiten in erfreulicher Uebereinstimmung befinden. Das
Einvernehmen, das wir zum Zwecke der Herstellung geordneter Zustände
auf der Balkanhalbinsel mit dem uns eng befreundeten russischen Reiche