Fie österreihhisch · angarische Monarthie. (Juli 3.) 271
Ich glaube mit Rücksicht auf die wiederholten Erklärungen in den
beiden Delegationen von weitläufigen Ausführungen über die Grundzüge
unserer Politik absehen zu können. Die Redner der Opposition haben
eigentlich nichts Neues vorgebracht und meine Aufklärungen scheinen ge-
flissentlich überhört zu werden. Was hätte es unter diesen Umständen für
einen Nutzen, dasjenige zu widerlegen, was gegen den Dreibund vor-
gebracht worden ist, und nachzuweisen, daß unsere Lasten vielleicht noch
größer wären, wenn wir in anderen Bündnisverhältnissen oder überhaupt
in keinem Bündnis stehen würden. Mit jedem Bündnis ist ein Risiko
verknüpft, dasselbe ist aber nach beiden Seiten das gleiche. Wenn be-
hauptet worden ist, der Dreibund sei soweit entwertet, daß kein Interesse
mehr bestehe, an ihm festzuhalten und daß die anderen Bündniskonstella-
tionen auch keine anderen Ziele verfolgen, wie der Dreibund, nämlich die
Erhaltung des Friedens, so hat doch hier der Dreibund das Recht der
Priorität zu beanspruchen, denn er bestand schon zu einer Zeit, in der
von Bündniskonstellationen noch keine Rede war. Der Dreibund hat in
den 80er Jahren seine Feuerprobe bestanden und sich als Friedensfaktor
erwiesen. Wenn man eine so bewährte Basis verlassen wollte, um un-
sicheren Kombinationen nachzulaufen, so ist dies eine Politik der Unstetig-
keit und des Abenteuers, zu der ich gewiß meine Hand nicht bieten werde.
Ebenso zwecklos wäre es, unsere Politik in Algeciras neuerlich beleuchten
zu wollen, denn darüber ist schon so viel gesagt worden. Die Anerkennung
des Auslandes für unsere Vermittlung ist uns in so reichem Maße zuteil
geworden, daß überhaupt dasjenige, was hier vorgebracht wurde, voll-
ständig widerlegt wird.“ .. Gegenüber den Angriffen des Abg. Biankini,
der die österreichisch-ungarische Aktion auf dem Balkan als erfolglos hin-
gestellt hatte, verliest der Minister einen kürzlich eingelaufenen Bericht des
österreichischen Botschafters in Konstantinopel, in welchem mitgeteilt wird,
daß der von einer Inspektionstournee nach dem Gendarmeriebezirk Uesküb
zurückgekehrte Baron Giesl über sehr befriedigende, ja überraschende Fort-
schritte in diesem Bezirk berichtet. Das Mannschaftsmaterial sei aus-
gezeichnet und das Zusammenwirken der türkischen und der fremden Offi-
ziere durchaus befriedigend, so daß die Reform schon jetzt als durchaus
gelungen bezeichnet werden könne. Das allgemeine Urteil sei zugleich,
daß die christliche Bevölkerung mehr und mehr Vertrauen zu dem Reform-
werk gewinne und weiteren Unternehmungen der Selbsthilfe abgeneigt sei.
Tatsächlich kämen auch die Banden fast ausschließlich von außen. Grund-
falsch seien die Behauptungen des Abg. Klofac, der Oesterreich-Ungarn ver-
dächtigt hat, die Unruhen auf dem Balkan absichtlich zu unterhalten, und
der die österreichisch-ungarischen Vertreter und Offiziere, die mit Hingebung
ihres Amtes walteten, teuflischer Machenschaften und selbst des Mordes
beschuldigt hat. Er zweifle an der Echtheit der Briefe, auf die sich Klofac
berief; derselbe habe aus einer Literatur geschöpft, die seit einiger Zeit
sowohl in Berlin als auch im anderen Ausland üppig blühe, auf Bestellung
arbeite und keinen anderen Zweck verfolge, als Mißtrauen gegen Oesterreich-
Ungarn zu erwecken. Ihn habe stets jede Unfreundlichkeit gegenüber
Rumänien fern gelegen, und das um so mehr, als Oesterreich-Ungarn mit
diesem Staat, der ein Element der Ruhe und Ordnung im Südosten
Europas darstelle, schon seit Jahren auf bestem Fuße stehe. In seinen
diesbezüglichen Ausführungen sei absolut nichts enthalten, was als Un-
freundlichkeit aufgefaßt werden könne. Auf die Abrüstungsfrage über-
gehend, bemerkt der Minister, die Sache sei an sich gewiß außerordentlich
verlockend und die Regierung stelle sich ihr auch sympathisch gegenüber,
doch dürfte sie längere Zeit noch ein frommer Wunsch bleiben, der augen-