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blicklich absolut keinen praktischen Nutzen habe. Jedenfalls müßten die
anderen Staaten in dieser Frage vorangehen. Gegenüber der immer wieder
auftauchenden Behauptung, daß das Fremdenblatt das offiziöse Organ des
Ministeriums des Aeußern sei, stellt der Minister endgültig fest, daß dies
nicht der Fall sei und daß das Ministerium des Aeußern mit dem Fremden-
blatt keine anderen Beziehungen habe, als daß von Zeit zu Zeit und zwar
immer seltener gewisse Communiquêés in dem genannten Blatte an auf-
fallender Stelle zum Abdruck gelangten. Auf eine direkte Anfrage, ob der
Minister noch einen gemeinsamen Staat kenne, erwidert Graf Goluchowski,
ein gemeinsamer Staat bestehe nicht. Dies gehe schon daraus hervor, daß
zwei Staatsbürgerschaften beständen. Er, der Minister, kenne nur eine
österreichisch-ungarische Monarchie, welche auf Grund der pragmatischen
Sanktion als organisches Ganzes dem Ausland gegenüberstehe, unbeschadet
des Verhältnisses, welches die Beziehungen der beiden Staaten dieser
Monarchie zueinander regelt.
3. Juli. (Cisleithanien.) Im Abgeordnetenhause erwidert
Ministerpräsident v. Beck auf eine Interpellation über die Bedeu-
tung der Landsmannminister:
Die Institution der Minister ohne Portefeuille ist nicht neu. Die
Ernennung der gegenwärtigen Landsmannminister, deren Stellung der-
jenigen der anderen Minister gleich ist, ist durch Ausübung des unein-
geschränkten Ministerernennungsrechtes der Krone erfolgt. Ihre wichtigste
Aufgabe besteht darin, durch Kundgebung ihrer Ansichten und durch ihre
Ratschläge, hauptsächlich in den Angelegenheiten der allgemeinen Politik,
der Krone, sowie der gesamten Regierung zu dienen und auf diese Weise
an der Bestimmung der politischen Richtung des Kabinetts mitzuwirken.
6. Juli. (Cisleithanien.) Abgeordnetenhaus. Zurückziehung
der österreichischen Ausgleichsvorlagen. — Wirtschaftliches Verhält-
nis zu Ungarn.
Auf mehrere Interpellationen betreffend das Vorgehen der ungari-
schen Regierung anläßlich der Beratung des schweizerischen Handelsver-
trages im volkswirtschaftlichen Ausschusse des ungarischen Abgeordneten-
hauses erwidert Ministerpräsident Frhr. v. Beck: Die Ausfertigung des
deutschen und des schweizerischen Handelsvertrages sei gemäß den bisherigen
Gepflogenheiten in deutscher und ungarischer Sprache erfolgt, jedoch unter
einheitlicher Unterzeichnung durch den Vertreter des Ministeriums des
Aeußern. Er habe dagegen keine staatsrechtlichen Bedenken und halte diesen
Teil der Angelegenheit für erledigt. Was dagegen den Zusatz bezüglich
der Inartikulierung des Vertrages betreffe, den der ungarische Handels-
minister, ohne sich vorher mit der österreichischen Regierung ins Einver-
nehmen gesetzt zu haben, in den ungarischen volkswirtschaftlichen Ausschuß
aufgenommen habe, so erblicke die Regierung, trotzdem sie die Aufklärung
erhalten habe, daß dieses Gesetz lediglich die Konkordanz zwischen dem dem
ungarischen Parlament unterbreiteten autonomen Zolltarif und dem schwei-
zerischen Handelsvertrage bezwecke, doch darin eine Fortsetzung jenes bereits
bei der Einbringung der autonomen ungarischen Zolltarife seitens der
ungarischen Regierung beobachteten Vorgehens, welches die österreichische
Regierung schon oft als mit den hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Be-
ziehungen der beiden Staatsgebiete geltenden gesetzlichen Bestimmungen
und mit dem bestehenden Reziprozitätsverhältnis nicht im Einklang stehend
bezeichnet habe. Er wolle sich nicht in eine neuerliche Erörterung dieser