Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

280 die östrreiihisch-nngarische Menarhhie. (November 23. —30.) 
gewissen Bedingungen zustande gekommen, die bei der Kabinettsbildung 
mit Rücksicht auf die schwierige Lage eingegangen worden sind. Das 
Kabinett übernahm als Bedingung auch die Verpflichtung, seinen Einfluß 
auch dahin geltend zu machen, daß die Kabinette Tisza und Fejervary 
vom Parlament nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Regierung 
bringe dies dem Ausschuß zur Kenntnis. Falls das Parlament dieser 
übernommenen Verpflichtung der Regierung nicht Rechnung trage, werde 
dieses die Konsequenzen daraus ziehen. Hierauf genehmigt der Ausschuß 
den Antrag des Referenten Visontai, in dem die Handlungen des Kabinetts 
Fejervary als verfassungswidrig gebrandmarkt werden, aber von der Er- 
hebung einer Anklage Abstand genommen wird. Der Minister des Innern 
wird angewiesen, diesen Beschluß im ganzen Lande anzuschlagen. 
23. November. Der Kaiser ernennt den Feldmarschallleutnant 
v. Hötzendorf zum Chef des Generalstabs. 
23. November. (Ungarn.) Das Magnatenhaus genehmigt 
das Gesetz über Förderung der Industrie durch staatliche Unter- 
stützung. 
25. November. (Budapest.) Zusammentritt der Delega- 
tionen. Budget. Algeciras. 
Der Vorsitzende der österreichischen Delegation ist Prinz Ferdinand 
Lobkowitz, der ungarischen Graf Theodor Zichy. — Der Kaiser betont 
beim Empfang der Delegationen, die Richtschnur sei intimes Verhältnis 
zu den Verbündeten, gute Beziehungen zu Rußland und freundschaftliche 
zu den übrigen Mächten. — Das den Delegationen vorgelegte gemeinsame 
Budget für 1907 weist ein Reinerfordernis von 367677278 Kronen auf 
(um 20967911 Kronen mehr als im Vorjahr). Das Heeresordinarium 
fordert: 291 ¼ Millionen Kronen (5½/10 Millionen mehr) und das Heeres- 
extraordinarium 137/10 Millionen (487000 Kronen mehr). Die Forderung 
im Ordinarium der Kriegsmarine beträgt 42 3/10 Millionen (13 23/10 Mil- 
lionen mehr) und im Extraordinarium 25/10 Millionen (12/10 Millionen 
mehr). Die Zollüberschüsse für 1907 sind mit rund 129 5/10 Millionen 
(13 Millionen mehr) veranschlagt. Der Minister des Aeußeren, Frhr. 
v. Aehrenthal, unterbreitet den Delegationen ein umfangreiches Rotbuch 
über die Konferenz von Algeciras. Dasselbe enthält unter anderen die 
Noten, die zwischen dem französischen Minister Rouvier und dem deutschen 
Botschafter v. Radolin, ferner solche, die zwischen dem Minister Goluchowski 
und dem Botschafter Grafen Welsersheimb, sowie zwischen Goluchowski und 
dem deutschen Botschafter v. Wedel gewechselt worden sind. Ferner ent- 
hält das Rotbuch die Protokolle über die in Algeciras stattgehabten Be- 
sprechungen. Ein zweites Rotbuch enthält diplomatische Aktenstücke über 
die Reformaktion in Mazedonien. Außerdem wird den Delegationen ein 
Braunbuch vorgelegt, das die Noten und andere Aktenstücke der Handels- 
vertragsverhandlungen Oesterreich-Ungarns mit Serbien enthält. 
28. November. (Ungarn.) Im Abgeordnetenhause erklärt 
Handelsminister Kossuth, daß Ungarn mit Österreich nur einen 
Handelsvertrag aber kein Handelsbündnis schließen werde. 
30. November. (Wien.) Das „Fremdenblatt“" wendet sich 
gegen Bemühungen englischer Blätter, zwischen Osterreich-Ungarn 
und Italien Verstimmungen hervorzurufen. 
 
	        
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