Spanien. (August 23.—Dezember 31.) 289
23. August. In Bilbao beginnt ein Generalstreik, der sich
an einen Bergarbeiterausstand anschließt. Da Unruhen vorkommen,
wird der Belagerungszustand erklärt, der Hafen von Kriegsschiffen
überwacht.
28. August. Ein königlicher Erlaß stellt die Zivilehe ohne
Einschränkung her. Die Verpflichtung für die Ehegatten, ihren
Glauben anzugeben, fällt weg.
September. Die Bischöfe erlassen Hirtenbriefe gegen die
Zivilehe.
17. Oktober. Der Ministerrat genehmigt einen Gesetzentwurf,
der die Ordensgesellschaften der staatlichen Genehmigung unterstellt
und ihnen den öffentlichen Unterricht verbietet. Die Konservativen
opponieren heftig dagegen.
18. Oktober. In Valencia finden große Kundgebungen gegen
den Erzbischof statt, weil er die Zivilehe in einer Predigt als Kon-
kubinat bezeichnet haben soll.
Ende Oktober. Die Regierung stellt einige Kreuzer bereit,
um sie nötigenfalls zum Schutz der Spanier nach den atlantischen
Häfen Marokkos zu senden.
30. November. Anfang Dezember. Doppelter Kabinettswechsel.
Am 30. November wird folgendes liberale Ministerium gebildet, da
ein Teil der Liberalen in Budget- und Kirchenfragen dem Ministerium
nicht zustimmt: Vorsitz: Moret, Aeußeres: Perez Caballero, Inneres:
Rallesteros, Finanzen: Eleuterio Delgado, öffentliche Arbeiten: Gasset,
Krieg: Luque, Marine: Alba, Justiz: Barroso.
Da am 3. Dezember die liberale Partei des Senats dem Mini-
sterium ein Vertrauensvotum verweigert, tritt Moret zurück und es wird
folgendes liberale Kabinett gebildet (5. Dezember): Vorsitz: Armijo, Aus-
wärtiges: Perez Caballero, Inneres: Graf Romanones, Finanzen: Reve-
reter, öffentliche Arbeiten: de Federico, Krieg: Weyler, Marine: Cobian,
Unterricht: Jimeno, Justiz: Barroso.
24. Dezember. Der modus vivendi in den Handelsbeziehungen
zu Deutschland wird unter Festsetzung der Meistbegünstigung bis
zum 30. Juni 1907 verlängert.
31. Dezember. (Madrid.) Ratifikation der Akte von Algeciras.
Die Ratifikationsurkunden werden im Ministerium des Auswärtigen
niedergelegt. Unmittelbar darauf weist der Minister des Aeußeren den
spanischen Gesandten in Bern telegraphisch an, er möge die schweizerische
Bundesregierung ersuchen, den Generalinspektor der Polizei in Marokko
zu ernennen und Maßnahmen zu treffen, damit die Streitigkeiten betreffend
die marokkanische Staatsbank durch das schweizerische Bundesgericht ent-
schieden werden können.
Europäischer Geschichtskalender. XLVII. 19