Grofbritannien. (Februar 17. 19.) 291
Februar. In der konservativen Partei finden heftige Debatten
über die künftige Zollpolitik statt. Balfour akzeptiert Chamber=
lains Progromm im wesentlichen und wird zum Führer prokla-
miert. Eine Gruppe unter dem Herzog von Devonshire bekennt
sich weiter zum Freihandel.
17. Februar. Der „Daily Graphic“ schreibt über Deutsch-
land und Frankreich auf der Marokkokonferenz:
„Schlimm ist es für Frankreich, daß die Stellung Deutschlands eine
außerordentlich starke ist. Deutschland hat das internationale Recht auf
seiner Seite und die deutsche Regierung die ganze Nation hinter sich. Die
französische Regierung hat nichts von beidem. Ein Fehlschlagen der Kon-
ferenz würde Deutschland in keiner Weise schaden, sondern im Gegenteil
den Einfluß der deutschen Flagge in Marokko sehr heben und damit den
deutschen Handel stärken, der gewöhnlich der Flagge zu folgen pflegt. Auf
der anderen Seite würde das französische Prestige sehr leiden und auch der
Stellung der Republik in Algier schaden."“
19. Februar. Der König eröffnet das Parlament.
In der Thronrede erwähnt er den erfreulichen Empfang, der dem
Prinzen und der Prinzessin von Wales in Indien bereitet wurde und der
ein Beweis sei von der Anhänglichkeit der indischen Untertanen an die
Krone, ferner den Besuch des ihm nahe verwandten Königs der Hellenen
in England, der die freundschaftlichen Beziehungen, die so lange zwischen
den beiden Ländern geherrscht haben, bekräftigen werde. Die Beziehungen
zu den fremden Mächten seien fortgesetzt freundschaftlich. — Nach einer
Erwähnung des Bündnisses mit Japan spricht er die Hoffnung auf einen
friedlichen Ausgang der Marokkokonferenz aus. Ueber die Balkanfragen
heißt es: Die aufständische Bewegung auf Kreta hat nachgelassen. Die
Lage in den makedonischen Wilajets gibt, obgleich sie sich in mancher Be-
ziehung gebessert hat, fortgesetzt Grund zur Besorgnis. Der Sultan hat
die Bestimmung zur Einsetzung einer internationalen Finanzkommission
erteilt, die die Finanzverwaltung in den Provinzen überwachen soll. Es
sei zu hoffen, daß die Wirksamkeit der Finanzkommission zu heilsamen
Reformen und zur Besserung der Lage der Bevölkerung führen werde. —
Um eine verantwortliche Regierung in Transvaal zu schaffen, sei an-
geordnet, daß die neue Verfassung so schnell eingeführt werde, als es sich
mit der sorgfältigen Erledigung der Angelegenheit vereinbaren lasse. Die
Wahlen zu der ersten gesetzgebenden Versammlung, welche im Juli erwartet
würden, seien infolgedessen um einige Monate verschoben. Die erlassenen
Anordnungen, wonach die Zulassung von chinesischen Kulis nicht weiter
gestattet sein soll, bleiben während dieser Zeit in Kraft. Ebenso werde
eine verantwortliche Regierung in der Oranjekolonie gebildet. Die Kolonial-
konferenz sei bis zu Anfang 1907 verschoben. — Befriedigend sei die stän-
dige Zunahme der Ein= und Ausfuhr. Die Industrie des englischen Volkes
bewege sich allgemein auf gesunden fortschreitenden Bahnen. — Aufmerk-
samkeit verdiene die Vermehrung der Ausgaben des Staates während der
letzten Jahre. Von den Ministern würden Pläne erwogen zur Einführung
von Verbesserungen und Erzielung von Ersparnissen am Regierungssystem
Frlands durch Einführung von Maßregeln zur Beteiligung des Volkes an
der Führung der irischen Angelegenheiten. — Es sei zu wünschen, daß die
Regierung des Landes im Vertrauen auf das bestehende Gesetz weiter ge-
führt werde in einem, soweit es die Umstände gestatten, auf die Wünsche
197