Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Großbritannien. (August 4.—September 18.) 303 
die aller Wahrscheinlichkeit nach eher in Gegnerschaft geraten werden als 
irgendwelche andere Mächte auf dem Kontinent, und wenn wir wissen, 
daß wir in engen Freundschaftsbeziehungen zu einer dieser Mächte stehen, 
die erst kürzlich hergestellt wurden und deutliche Siegel erhalten haben, 
und daß wir mit dem Volke und der Regierung der anderen Macht auf 
beftem Fuße stehen, wenn wir ferner wissen, daß, wenn diese beiden Mächte 
schnelle Schiffe bauen, sie das gegeneinander tun, so muß ich doch sagen, 
daß der Gedanke, die Stärke dieser Mächte als einen Standard für unsere 
Seestärke zu nehmen, ein überwundener Standpunkt ist. Aber selbst wenn 
das tun würden, würde die Prüfung der Art ihrer Schiffe und ihres 
Zuwachses noch immer nicht die Ansicht derjenigen unterstützen, die für 
die stärkere Vermehrung unserer Flotte eintreten. Die Regierung hat nichts 
getan, was die Leistungsfähigkeit des Heeres und der Marine bezüglich 
der Landesverteidigung schwächen könnte. Wenn Balfour behauptet, daß 
es möglich sei, daß Freundschaften und Bündnisse nicht lange dauern, und 
daß wir immer bereit sein sollen für jede Eventualität und für alle Um- 
stände, so bin ich der Ansicht, daß eine solche Behauptung nicht dazu an- 
getan ist, zum Besten des Landes und zur Erhaltung des Friedens zu dienen. 
August. Die Regierung veröffentlicht Briefe von Armee- 
lieferanten, woraus hervorgeht, daß während des Burenkrieges zahl- 
reiche Bestechungen von Offizieren vorgekommen sind. 
4. August. Das Unterhaus genehmigt ein Gesetz über 
Arbeitskämpfe. Danach ist friedliches Streikpostenstehen und gut- 
artige Überredung erlaubt; Klagen von Unternehmern gegen Ge- 
werkvereine wegen Schädigung sind nicht statthaft. 
2.7. September. (Liverpool.) Der Gewerkschaftskongreß, 
der 1½K Millionen Arbeiter vertritt, fordert Verstaatlichung der 
Eisenbahnen, Kanäle und Bergwerke und eine Zwangssversicherung. 
12. September. Ein Armeebefehl errichtet einen Generalstab. 
Er wird in einen den allgemeinen Betrieb der Armee leitenden 
großen Generalstab und in einen bei den einzelnen Kommandostellen wir- 
kenden Generalstab eingeteilt. Die Angehörigen der letzteren sollen die 
Kommandeure, denen sie beigegeben werden, besonders bei der Ausbildung 
der Offiziere und der Truppen, unterstützen. — In einer der Armeeorder 
beigegebenen Denkschrift betont der Kriegsminister Haldane, daß es Pflicht 
des Generalstabes ist, dafür zu sorgen, daß das Militärsystem auf der 
modernen Höhe steht und die Militärwissenschaft in allen ihren Zweigen 
die gebührende Berücksichtigung findet. Haldane bezieht sich auf den Er- 
folg des deutschen Generalstabes. — Am folgenden Tage ordnet ein Armee- 
befehl die Verminderung der Infanteriebataillone an. (Vgl. S. 301.) 
18. September. (Portsmonuth.) Der deutsche Vergnügungs- 
dampfer „Meteor“, der durch Sturm gezwungen den Kriegshafen 
anläuft, wird ausgewiesen. — Die deutsche Presse kritisiert das 
Verhalten der Hafenbehörde, die englische verteidigt sie lebhaft. 
Anfang Oktober. Arbeiterpartei, Gewerkschaften und andere 
Parteien. 
Die Konferenz der Eisenbahnangestellten in Cardiff beschließt gegen 
 
	        
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