Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

Frankreich. (März 12.) 315 
von Almodovar erläuterten Grundsätze gemeinsame Grundsätze für alle 
späteren Beschlüsse geworden und alle Arbeiten der Konferenz hatten nur 
den Zweck, diese Prinzipien mit den Rechten und Sonderinteressen, die 
Frankreich in Marokko zu verteidigen und geltend zu machen hatte, in 
Einklang zu bringen. Die Entscheidung der Konferenz zeigt, daß dieses 
Ergebnis dank gegenseitiger, reiflich überlegter und in loyaler Weise be- 
willigter Zugeständnisse unter für alle ehrenhaften Bedingungen hat erreicht 
werden können, ohne daß etwas, was Frankreich angeht, aufgegeben worden 
wäre von der Frucht seiner früheren Anstrengungen, von der Würde seiner 
gegenwärtigen Stellung und von der Sicherung seiner Zukunft. Bourgeois 
bespricht dann die von der Konferenz gefaßten wirtschaftlichen Beschlüsse 
und erklärt: Wir haben in der Tat kein Opfer bringen müssen, um uns 
mit der Einmütigkeit der Mächte in Einklang zu befinden. Aber zwei 
schwierige Fragen bleiben noch zur Entscheidung: die Schaffung der Staats- 
bank und die Organisation der Polizei in den Häfen. Indem Frankreich 
besondere Vorteile bei der Bank beanspruchte, suchte es nicht den rein 
finanziellen Interessen zu dienen, sondern forderte den legitimen Anteil 
an dem Einfluß und der Arbeit an dem für unser afrikanisches Reich un- 
entbehrlichen Werke, nämlich an der Herstellung der Ordnung und Sicher- 
heit in Marokko. Die Frage der Polizeiorganisation war in unseren Augen 
von noch größerer Bedeutung. Bourgeeis erinnert an die vor der Kon- 
ferenz entwickelten Gründe für die Forderung der Uebertragung der Or- 
ganisation der scherifischen Polizei an Frankreich und Spanien allein. Als 
das jetzige Kabinett zur Regierung kam, waren zwei Fragen, die der Bank 
und die Frage der Polizei, noch zu lösen. Ich habe mich hierbei von 
demselben Geiste leiten lassen wie mein Vorgänger. Frankreich hatte keinen 
Hintergedanken, sondern wünschte aufrichtig einen glücklichen Ausgang der 
onferenz in dem Bestreben, nicht allein seiner eigenen Politik zu dienen, 
sondern auch und besonders den höheren Interessen der Zivilisation und 
des Friedens. Frankreich hatte deutlich die Hauptpunkte bezeichnet, bezüg- 
lich derer es ihm nicht möglich sei, nachzugeben, und dabei erklärt, daß 
es bereit sei, die zu anderen Punkten gewünschten Zugeständnisse zu prüfen. 
Bourgeois gibt sodann einen kurzen Ueberblick über die Generalakte und 
sagt, man könne daraus ersehen, daß die klare und einfache Sprache Frank- 
reichs von allen gehört und verstanden worden sei. Der Teil der Akte, 
welcher die Organisation der Polizei betreffe, nehme die gewünschte Rück- 
sicht auf Frankreich und Spanien und gebe Frankreich die Möglichkeit, 
diese Organisation in völliger Uebereinstimmung mit derjenigen Macht durch- 
zuführen, deren Interessen tatsächlich mit denen Frankreichs in Marokko 
solidarisch seien. Das besondere Interesse Frankreichs in Marokko ist seit 
dem Schlusse der Konferenz in den befriedigendsten und klarsten Ausdrücken 
anerkannt worden. Bourgeois erinnert dann an die Worte des Fürsten 
Bülow im deutschen Reichstag über die Rechte Spaniens und Frankreichs 
in Marokko und ihre besonderen Erfahrungen hinsichtlich der Organisation 
der Polizei und daran, daß Fürst Bülow mit den Worten geschlossen habe, 
das Ergebnis der Konferenz sei in gleicher Weise für Deutschland und 
Frankreich befriedigend und für alle zivilisierten Staaten von Nutzen. 
Redner setzt dann hinzu: Wir wollen keine besseren Beziehungen in diesem 
Uebereinkommen suchen, von dem wir stets gesagt haben, daß wir es so 
wünschten, daß es gerecht und richtig sei, daß es weder einen Hinter- 
gedanken, noch schlechte Erinnerungen hinterlasse. Bourgeois zollt dann 
der Hingebung und Geschicklichkeit des französischen Vertreters Anerkennung 
und wiederholt den Dank und sagt, er würde aber der Pflicht der Gerechtig- 
keit und Dankbarkeit nicht genügen, wenn er nicht unter den Ursachen des
	        
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